Geschichten aus 1000&1er-Nacht ...
1969 verließ Asha Puthli Ihre Heimatstadt Bombay -
völlig unbekannt im Westen, mit dem ehrgeizigen Ziel, in New York
Karriere zu machen. Man kann es kaum glauben: In den vier Jahren NY-Aufenthalt
schaffte sie den Durchbruch an die Spitze der Aventgarde in Schauspiel
und Jazz. Da war eine Filmkarriere in der Szene der Avantgarde-Filmer
nur eine Frage der Zeit. Der Film "Savages" mit ihr in der Hauptrolle
wurde sogar in Cannes gezeigt. Andy Warhol wurde auf sie aufmerksam und
war mit ihr eng befreundet.
Da konnten die berufsmäßigen Talentsucher natürlich nicht
länger untätig bleiben und John Hammond sen. (u.a. Entdecker
von Bessie Smith und Bob Dylan) verschaffte ihr einen Vertrag bei der
Plattenfirma CBS. Sie begann zunächst bei der Peter Ivers Blues
Band und nahm die Single "Ain't That Peculiar" auf, eine
Komposition von Marvin Gaye. Anschließend tourte sie mit der Gruppe
durch die Staaten. Große Aufmerksamkeit erregte ihre Stimme auf
der Ornette-Coleman Produktion "Science Fiction". Für ihre
Mitwirkung wurde sie für den Down Beat Critics Poll 1972 nominiert
und gewann als "Talent Deserving Wider Recognation" den Preis.
Die renommierte Musikzeitschrift "Rolling Stone" lobte:
"Wie sie hier singt, lässt sich nicht in Worte fassen. Sie drückt
alles mit solcher Direktheit und Reinheit aus, dass man atemlos wird".
Mühelos konnte sie über vier Oktaven der Tonleiter singen. Nun
ging es mit Ihrer Karriere steil bergauf. Ihr Manager Nat Weiss kümmerte
sich um sie und Produzent Del Newman holte sie 1973 für eine LP-Produktion
ins Studio: "Asha Puthli". Die Single-Auskoppelung "Right
Down Here" und "I Dig Love" (letztere eine George Harrison-Komposition)
wurde zum Hit. Im Laufe der Jahre wurde ihr musikalisches Spektrum immer
vielseitiger: Jazz, Rock, Funk, Soul, New Age und World Musik sang sie
mit einer Hingabe und Überzeugung, dass es schon erstaunlich war.
So nahm sie z.B. mit den Jazzmusikern Henry Threadgill, Don Cherry, Charlie
Mariano, Peter Duchin und Lionel Hampton Platten auf.
1975
folgte die Longplay "She Loves To Hear The Music", produziert
von Del Newman, Paul Phillips und Teo Macero.
1976 wurde ich auf Asha Puthli aufmerksam. Was mir damals völlig
entgangen war, dass der gute Alfred Biolek sie für Deutschland entdeckte
und in seine legendäre TV-Sendung "Bios Bahnhof" lotste.
"The Devil Is Loose" ließ mich nun nicht mehr l(o)os(e)
und ich kaufte diese LP. Der gleichnamige Song ist ein Meisterwerk.
1979 fand die LP "1001 Nights Of Love" auf Autobahn Records
erneut mein Interesse, eine umwerfend gute Produktion. Mit dem Begriff
"Oriental-Jazzpop" kann man vielleicht ein wenig die Musikrichtung
umschreiben, die sie auf diesem Album offenbarte. Das Titelstück
kam auf stolze 7:48 Minuten Laufzeit. "Lay A Little Love" fand
den Weg in die Charts. Ja, dann war aber noch ihr faszinierendes Äußeres,
das mit ihren Kompositionen zu einer Einheit verschmolz. Sie hatte unglaublich
viel Talent. Die Platte wurde von September bis Oktober 1978 in den Union-Studios,
München, mit Produzent Rainer Pietsch aufgenommen. Faszinierend auch
die teilweise exotischen bis klassischen Musikinstrumente, die sich auf
ihren Stücken entfalteten: Neben den üblichen Begleit- und Rhythmusinstrumenten
waren dies z.B. die Sitar (klar, wenn man quasi damit in Indien aufwuchs!),
Woodwinds, Tuba, französisches Horn, Harfe, Violinen. Ganze Orchester
und Bläsergruppen wurden im Lauf der Produktion eingesetzt.
In den USA kam im gleichen Jahr die LP "l`Indiana"
heraus. Dazu und zu den weiteren Produktionen kann ich aber keinen Beitrag
liefern, da ich sie leider nicht kenne. 1981 folgte wieder auf dem Autobahn-Label
"I'm Gonna Kill It Tonight". Wer weiß, vielleicht
wird meine Neugier durch diese Juwelenstory so groß, dass ich mehr
ihrer Kreationen kennenlernen möchte. Was ich aber nicht verstehe,
dass man im Handel keine einzige CD von Asha Puthli erwerben kann. Leider
entzieht es sich meiner Kenntnis, warum Asha ihren vorgezeichneten Weg
nicht konsequent weiterverfolgte. Sie tritt nur noch sporadisch auf, wie
man ihrer Website entnehmen kann. Aber es gibt sicher noch wichtigere
Dinge im Leben.
Sie hat offenbar mit dem Kapitel "Musik" abgeschlossen, denn ihre Website ist verschwunden. Lediglich auf Wikipeda kann man noch Näheres über sie erfahren (März 2018).
Gerd Müller
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