Klaus Nomi 1944 - 1983 - Info

 

 


Bereits im Juni 2005 erschien in den Staaten die lang erwartete DVD "The Nomi Song".Nomi-Fans dürfen sich freuen! Jetzt gibt es die DVD auch bei uns. Hier das Cover:


Amazon.com schreibt dazu:


"Born Klaus Sperber in Essen, Germany, Nomi dressed like an alien, sang like an angel, and electrified new wave-era New York. The classically trained tenor moved to the US in the 1970s. Influenced by Maria Callas, Marlene Dietrich, and 1950s sci-fi films, the "opera-singing pastry chef," as writer Glenn O'Brien described him, developed a unique look and sound that stood apart from every other act to emerge from the East Village. At the height of his fame, he caught the eye of David Bowie, with whom he performed on Saturday Night Live in 1979. Unfortunately, his AIDS-related death in 1983 curtailed any chance to reach a wider audience. Andrew Horn's evocative portrait rises above the ordinary by documenting a scene as much as its most original participant. Aside from a wealth of archival material, The Nomi Song includes interviews with Kenny Scharf and Ann Magnuson (but alas, no Bowie). --Kathleen C. Fennessy"

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Des weiteren ist eine neue CD-Single erschienen.
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Zum Gedenken

Klaus Nomi (Klaus Sperber) verband 60er-Jahre-Pop mit Opernelementen, Discomusik und Synthesizerklängen. Äußerlich verkörperte er seinen Stil mit einer futuristisch anmutenden Ästhetik. Er schminkte sein Gesicht weiß, toupierte seine Haare in drei Richtungen und bewegte sich wie ein Roboter. Der in Bayern geborene Klaus Sperber hatte wegen seiner hohen Stimme (Mezzosopran) als Opernsänger keine Zukunft. Stattdessen ging er nach New York, wo er sich als Bäcker durchschlug und die Kunstfigur Klaus Nomi schuf (der Name ist ein Anagramm des SF-Magazins Omni). Seine erste Platte enthält die peppigste und originellste Version des Lou Christies Liedes "Lightning Strikes", einen völlig untanzbaren "Twist" sowie ein weiteres gelungenes Cover. Von den Originalaufnahmen sind "Total Eclipse" und das etwas zu lang geratene "Wasting My Time" die besten. Einen überirdischen Zauber gewinnt die Platte jedoch durch Nomis Interpretation des "Cold Songs" von Henry Purcell (dessen Oper "King Arthur" von 1691 weitere "Popsongs" dieser Güte enthält) und der Opernarie "Samson And Delilah" Gregor Kannberg, Amazon-Redaktion.

Was Eberhard Schoener, unser musikalisches Genie über Nomi schreibt, kann man auf seiner Website nachlesen. Hier ...
Er engagierte Klaus Nomi im Dezember 1981 für eine der legendären Klassik-Rocknächte im Hörfunkprogramm des Bayerischen Rundfunks. (Eine Frage: Wann rückt der BR diese wirklich außergewöhnlichen Aufnahmen, u.a. mit Esther Ofarim, Gary Brooker von Procol Harum und anderen Größen der Popmusik und Klassik auf CDs heraus???)

Nomi war 1983 eines der ersten "prominenten" Aids-Opfer..., erst 39-jährig. Er bleibt ein Gesamtkunstwerk.. Wenn man ihn hört, laufen viele Schauer den Rücken hinunter. Man muss seine Interpretationen erleben.
Gerd Müller.

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Weitere Fotos: hier ...
Eberhard Schöner-Seite:
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und Hier ...
Doku-Film über Klaus Nomi:
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Eine quasi-biografische Gala zum 10. Todestag 1993: Mehr ...
Seite auf MySpace

 

 


Rezension zur DVD (Übernahme von Amazon.de)

ARTE schrieb zur Ausstrahlung von "The Nomi Song" am 10. Juli 2009 um 0:30 h:

"Er sah aus wie ein Alien und sang wie eine Primadonna - der Countertenor Klaus Nomi. In den 70er Jahren wurde er durch sein schrilles Outfit und seine Stimmlage zur Ikone des New Yorker Underground. 1983 starb er an Aids. Der Dokumentarfilm lässt eine Zeit, eine Kultur- und Musik-Szene, vor allem aber eine Kultfigur wieder lebendig werden.
Klaus Nomi
zoom

Der Countertenor Klaus Nomi sang Popmusik wie Opern. Seine Stimme verfügte über eine fast unmenschliche Spannweite, vom Sopran bis zum Kasernenton eines preußischen Generals. Bei seinen Auftritten setzte sich der Avangarde-Künstler als Meister des Spektakels und der theatralischen Geste in Szene und anvancierte zu einer Kultfigur der New-Wave-Underground-Szene der 80er Jahre.
Als Klaus Sperber kam Klaus Nomi 1944 in Immenstadt im Allgäu zur Welt. Mit Platten von Maria Callas und Elvis Presley brachte er sich selbst das Singen bei und ging nach Berlin. Als seine Karriereträume dort nicht in Erfüllung gingen, folgte er einem Freund nach New York. Hier gelang ihm der Durchbruch nach einem Auftritt in der "New Wave Vaudeville Show". Als Marsmensch verkleidet sang er einen schwindelerregenden Countertenor ohne eine Miene zu verziehen. Aus Klaus Sperber wurde Klaus Nomi ("You Don't Nomi").
Zusammen mit David Bowie trat er in der amerikanischen Fernseh-Show "Saturday Night Live" auf. Im deutschen Fernsehen war er, begleitet von einem Symphonieorchester, der Star der "Klassik Rock Nacht". Er posierte als Model und Eberhard Schoener hat seinem Leben eine Kammeroper gewidmet. Nomis Auftritt beim Sygma-Festival in Bordeaux löste einen kleinen Tumult aus und im Pariser Club "Le Palace" war er die Sensation. Bis heute hat er vor allem in Frankreich eine große Fan-Gemeinde. Der internationale Durchbruch war zum Greifen nah, als er 1983 in New York an Aids - damals eine noch fast unbekannte Krankheit - starb.
Filmemacher Andrew Horn hat für seinen Film eine Fülle von zum Teil nicht veröffentlichtem Video-, Film-, Foto- und Tonmaterial verwandt. Gespräche mit Wegbegleitern und Künstlern aus Klaus Nomis Umfeld lassen eine Kultfigur von einem anderen Stern wieder lebendig werden.

Andrew Horn ist in New York geboren und lebt und arbeitet seit seinem DAAD-Stipendium im Jahre 1989 in Berlin. Seine Arbeiten umfassen Filme über postmodernen Tanz in New York bis hin zum Drehbuch für Deutschlands populärste Daily Soap "GZSZ - Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Die Spielfilme "Doomed Love" und "The Big Blue" sowie seine Kurzfilme wurden von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen. Mehrere Jahre schrieb er für "Screen International" über die deutsche Filmindustrie und arbeitete als Autor für "Moving Pictures".
Sein Dokumentarfilm "East Side Story", bei dem Horn als Autor und Produzent fungierte, wurde weltweit aufgeführt und an zahlreiche Fernsehsender verkauft. Das "Time Magazine" zählte ihn zu den zehn besten Filmen des Jahres 1997.
"The Nomi Song" erlebte seine Uraufführung in der Panorama-Reihe der Berlinale 2004. Dort wurde er auch mit dem Teddy-Award ausgezeichnet.

The Nomi Song
Donnerstag 9. Juli 2009 um 00.30 Uhr
Wiederholung am Montag 13. Juli um 03.00 Uhr und Dienstag 21. Juli um 01.10 Uhr
(Deutschland, 2004, 94mn)
ZDF

Erstellt: 07-05-09"


"Blickpunkt Film"

Klaus Nomis Karriere als bizarrer Pop-Opernsänger währte kurz. 1983 starb der gebürtige Bayer in seiner Wahlheimat New York an Aids. In seinem kurzweiligen, tragikomischen Dokumentarfilm, der bei der Berlinale 2004 den Teddy Award als bester Dokumentarfilm erhielt, zeichnet Regisseur Andrew Norton das tragikomische Leben des Kultstars Nomi. Er besticht dabei vor allem durch seine akribische Recherche und die Vielzahl an originalen Bilddokumenten.

Schwarz-weißes Kabuki-Makeup, ein stilisierter, überdimensionaler Plastik-Smoking als Kostüm. Allein die optische Erscheinung des Klaus Nomi dürfte vielen in Erinnerung geblieben sein, die die Musikszene der späten 70er und frühen 80er Jahre aufmerksam verfolgt haben. Dass der Countertenor Nomi auch in musikalischer Hinsicht Bemerkenswertes veröffentlicht hat, ist nur eine der vielen Erkenntnisse, die Andrew Nortons Dokumentation vermittelt. Der Berliner Regisseur verfolgt den Lebensweg des 1944 in Bayern geborenen Klaus Sperber von dessen Kindheit im Ruhrgebiet über die musikalischen Anfänge in der New Yorker Avantgardeszene bis hin zum frühen Tod. Norton verzichtet dabei auf einen Kommentar, sondern lässt das gesammelte Material für sich sprechen. Und dessen Fülle ist beeindruckendend: Weggefährten, Verwandte, Freunde, Fans und auch Nomi selbst kommen in Interviews zu Wort. Die Bilddokumente reichen zurück bis zu den ersten Auftritten des Sängers auf New Yorker Avantgarde-Parties Mitte der 70er Jahre. Hin und hergerissen findet sich der Zuschauer zwischen dem Amüsement über die immer schriller werdenden Auftritte Nomis, der Anerkennung der immer perfekter werdenden Musik und der Verwunderung über das düstere Bild, das Norton vom Privatleben des Künstlers zeichnet. Negative Aspekte werden nicht ausgespart: Ehemalige Mitmusiker beklagen sich über die rücksichtslose Ausbootung durch Nomi, als dieser seinen ersten Plattenvertrag unterzeichnet. Freunde rügen seinen große Sorglosigkeit bei sexuellen Ausschweifungen, die ihn letztlich das Leben kostet. Norton passt sich in Schnitt und Look bisweilen dem fragmentarischen Stil seiner Original-Bilddokumente an, was dem Film nicht immer zuträglich ist. Dies kann jedoch den positiven Gesamteindruck nicht trüben: 'The Nomi Song' ist auch für Nicht-Musikfans hochinteressant - als packende Studie der New Yorker Underground-Spaßgesellschaft der 70er Jahre und deren Bewusstseins-Wandel im Zeitalter von Aids. jl.



Nach - Lesen

Mir liegt ein umfangreicher Artikel von Gabriele Meierding aus Heft 5/1982 des "Musik Express" über Klaus Nomi vor, der vor seinem Tod entstand (ich habe die Original-Schreibweise beibehalten)

"Rock-Opera Curiosa"

Schwer zu sagen, was aufregender ist: Klaus Nomis Stimme oder sein aufsehenerregendes Styling. Dekadentes Cabaret-Flair vermitteln nicht nur der grometrische Smoking-Panzer und das mimenhafte Make up. Sein Mezzo-Sopran ist gut für lupenreine Arien - und seine theatralische Intonation macht aus jedem Song eine Kuriosität. In New Yorker Clubs gefeiert und von David Bowie im TV präsentiert, seuert dieser musikalische Zwitter jetzt Europa an.

Erste Begegnung mit Klaus Nomi: Das "Zeit-Magazin" leistet sich ein aufsehenerregendes Titelbild und damit auch gleich eine Art von Etikettenschwindel. Klaus Nomi, Blickfang im ausladenden Kunststoff-Tuxedo wird hier (Juli '80) sozusagen als Gallionsfigur einer neuen Bewegung "verkauft". Es geht um die "Mondsüchtigen", eine Gruppe von liebenswerten Spinnern, die sich für ein Weiterleben im All vorbereiten. "Völlig absurd!" distanziert sich der Künstler mit dem faszinierenden Mezzosopran. "Das sind Leute, die ich kenne, die sind ziemlich abgefahren in dem Sinne, daß sie ... you know ... in den Weltraum wollen. Ich bin zwar ziemlich an der Weltraumwissenschaft interessiert, aber auf dem Mond möchte ich schon mal gar nicht leben, denn da ist ja nichts außer Sand und Steinen. Die Frau, die das geschrieben hat, hat mich da einfach mit diesen Leuten zusammengewürfelt. Das hörte sich auch so an, als sei das eine Bewegung in New York, aber das stimmt überhaupt nicht ... mit mir hatte das nichts zu tun. Ich fühlte mich natürlich sehr geehrt, als ich mein Foto auf dem Titel gesehen habe, aber sogar meine Mutter hat sich über diesen dummen Artikel aufgeregt ..."
Wäre dieser Artikel nicht gewesen, hätte ich möglicherweise meine dritte Begegnung mit Klaus Nomi in der Form schon gar icht mehr erlebt, denn die zweite habe ich mehr oder weniger verschlafen. "Total Eclipse", kommerzielles Pop-Falsetto-Stück auf dem Soundtracksampler des Films "URGH! A Music War", rauschte ohne Initialzündung an mir vorbei. Die hatte ich erst, als ich die LP in der Hand hielt. Der geometrische Smokingpanzer, der kunstvoll zurechtrasiert und -gezwirbelte Haarputz (übrigens auch ein Werk von Robert Fripps Haarstylistin Mary Lou Green), das schwarzweiße Make up mit dem Cabaret-Flair ... sowas vergißt man nicht. Eine Figur, die geradewegs aus den Lehrbüchern des Konstruktivismus entsprungen scheint, jener geometrisch orientierten Strömung der Bildenden Kunst im Deutschland der frühen 20er. Kein Wunder, daß sein Auftreten in New York schnell ein verzücktes Publikum fand. Klaus Nomi selbst reagiert eher erstaunt über die ausschweifenden Interpretationen seiner - wie er betont - eher zufälligen Stilisierung. "Das Kostüm ist einfach unique, einzigartig und hat eine vielseitige Verwendbarkeit. Die einen erinnert es an die Vergangenheit, andere halten es für futuristisch. Ich lasse das offen."
Doch zurück zur dritten Begegnung mit der Nomi'schen Art, dem Album. Lupenreine Arien ("Samson And Delilah"), das kommerzielle "Total Eclipse" (aha!), ein düster verschlepptes Chubby Checker-Stück ("The Twist") - und die geniale Umstrukturierung eines ehemals harmlosen, aber eingängigen Pop-Hits, nämlich "Lightning Strikes", in den 60er Jahren ein Riesenerfolg für Lou Chrisie. Völlig zerpflückt und auf dekadente Art neu zusammengefügt erhält es durch Klaus Nomi die fesselnde Anrüchigkeit einer längst verwesten Kokain-Society. Dabei kannte er diesen Titel ursprünglich gar nicht. In seiner Jugend, die er zum Teil in Berlin verbrachte, war er eher damit beschäftigt, seinen Gesangslehrer davon abzuhalten, ihn auf Tenor zu trimmen. Seine Faszination galt der Oper und kaum den Pop-Charts. Und da niemand bereit war, diese seltene männliche Stimmlage zu fördern, hatte er sich schließlich nach New York abgesetzt.
"Ich hatte eigentlich noch nie eine Beziehung zu derartigen Liedern. Freunde meinten, ich solle dies Stück mal aufnehmen, denn jeder würde es kennen, und keiner habe es seit damals wieder gehört. Ich fand die Idee gut, sah da auch einige visuelle Effekte. Ich habe es nun völlig anders interpretiert, die Originalversion war ja auch völlig naiv. Es hat mir jedenfalls Spaß gemacht, und als ich in Amerika zum erstenmal damit aufgetreten bin, haben die Leute geschrien! Die fanden das wahnsinnig lustig."
Nun ist es für jemanden, der wie Klaus Nomi seine Wurzeln nicht gerade in der Rock/Popmusik hat, sicher recht schwierig, entsprechendes Repertoire zusammenzustellen.

"Ich gehe unter die Oberfläche ... Eine meiner nächsten Coverversionen wird wieder von Lesley Gore sein, 'Just One Look'." (Ebenfalls von L. Lore: "You Don't Own Me" auf dem Debüt-Album). - Cole Porter würde sich vielleicht anbieten ... "Ja, ich werde wahrscheinlich in andere Richtungen gehen. Cole Porter ... Irving Berlin ..." Kurt Weill? "Nein, der ist schon zu perfekt, den darf man eigentlich nicht mehr umfunktionieren. Das würde ich sowieso nicht machen. Ich mag es überhaupt nicht, wenn Brecht-Songs in einer anderen Sprache als in Deutsch interpretiert werden. Ich finde es auch unmöglich, Wagner in Englisch oder Französisch zu singen. Oder italienische Oper in deutsch. Ebenso kann man keine amerikanischen Musicals in deutsch bringen. Ich finde, man sollte den Originalstil beibehalten, alles andere ist eine Verfremdung. Es tut mir immer weh, wenn ich höre, wie alles synchronisiert wird. Inhalte ergeben sich aus dem Ausdruck, der Interpretation und der Atmospäre."
Um beim Thema Sprache zu bleiben, können wir meine vierte Begegnung mit Klaus Nomi, nämlich seinen quasi über Nacht bestellten Auftritt für URGH! (siehe Filmtips) nur insoweit kurz streifen, als das zusammengestoppelte Bühnenbild geradezu eine Beleidigung für seine Erscheinung war. Discodancer, sommerlich ausstaffierte Chorsängerinnen ... wie gesagt, es war ein Zeitproblem. Vorteilhafter war da schon die Kulisse, die man in Thomas Gottschalcks neuer Show "Na sowas" mittels gradliniger Neonlinien geschaffen hatte. Schade, daß diese fünfte Begegnung mit Klaus Nomi im Rahmen so einer Sendung mit Zoo-Charakter stattfinden mußte. Aber als Spätzündung ging mir hier endlich bewußt auf, was ich bislang nur unterschwellig registriert hatte. Klaus Nomi pflegt einen theatralischen deutschen Akzent mit rollendem Rrr. Zarah Leander goes Rockdiva. Dies hat durchaus Momente verkappter Komik, setzt das i-Tüpfelchen auf seine bizarre Originalität.
"Wenn ich das im amerikanischen Slang bringen würde, hätte das ja auch gar keine Wirkung. Ich habe es zwar versucht, aber das ging überhaupt nicht. Wie ich aussehe, das ist so stilisiert, so muß natürlich auch die Aussprache sein. Irgendjemand hat mich in der deutschen Presse kritisiert und meinte, daß Klaus Nomi nach acht Jahren noch immer nicht der englischen Sprache mächtig sei. Der Mann hat leider nicht verstanden, daß das mein Stil ist," erklärt der Kultur-Dissident, der sich die amerikanische Sprachmentalität einst vom Original Lucille Ball absaugte, nämlich über die von ihm heißgeliebte TV-Show "Hallo Lucie!" - "Ich kann nicht in 'nem schludrigen Brooklyn-Englisch singen - das kann ich auch heymanwhatsupman, whodoyathinkwhotthefuckiam? - aber so würde ich nicht singen. Ich singe mit spitzer Zunge, damit mich jeder versteht, hoffentlich. Es ist natürlich schwierig, mit opernhafter Stimme in den hohen Frequenzen verstanden zu werden."
Sechste Begegnung mit Klaus Nomi. Im häßlichen Hotel der Welt in München. Seine metallische Stimme hallt mir schon aus der Entfernung entgegen. Interview jagt Interview. Der Künstler sitzt in der Bar. Ein Hut verbirgt den Haarschopf, Fallschirmspringerstiefel geben seiner New Yorker Understatement-Kleidung den verräterischen Pfiff. Nur die hochgezupften Augenbrauen deuten auf die Maske hin.
Ich habe aufgeschnappt, daß er Märchen liebt, zum Thema Science Fiction meint er lakonisch: "Science Fiction is a fact - alles ist möglich, wenn man nur will." Diesen Grundsatz überträgt er auch auf seine Karriere, die nicht zuletzt durch David Bowies Einladung in die renommierte amerikanische TV-Show "Saturday Night Live" einen fruchtbaren Kick bekommen hatte. Die Franzosen haben ihn längst entdeckt, auch London wacht auf und auch hierzulande mag sich nach so viel Promotion bald einiges tun. "Total Eclipse" gibt's jetzt als Single. Die B-Seite "Falling In Love Again/Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" fiel originell, fast lustig aus, erhärtet aber die These, daß Songs mit starkem Eigenprofil kaum durch neue Formen zu überbieten sind. Eine Tournee hängt natürlich auch von den Angeboten ab, in jedem Fall will Klaus Nomi ersteinmal seine zweite LP vorbereiten, um dann das Material von beiden Platten für die Bühne parat zu haben. "Ich bin in dem Sinne aber kein Rock Act", gibt er zu bedenken. "Ich mache ja eher Musiktheater wie in der Oper. Deshalb möchte ich meine Show auch lieber auf einer richtigen Bühne mit Aufbauten und Drehvorrichtung haben."
Seine Ziele sind noch weitgesteckt. Das erste hat er erreicht: Anstatt weiterhin auf irgendetwas Neues, Aufregendes zu warten, stellte er sich selbst ins Rampenlicht. Von seinem Auftritt in URGH! war er dementsprechend auch ohne falsche Bescheidenheit begeistert. Was ihm vorschwebt, ist außerdem eine richtige Rockoper - mit opernhafter Gesangstechnik. Und daß es noch niemandem gelungen ist, ein rundum befriedigendes Musikktheater auf die Beine zu stellen, ist für ihn geradezu eine Herausforderung.
"Irgendwie fehlt immer etwas", seufzt er. "Ich sehe eine tolle Tanztruppe und sage, naja, die tanzen ja alle ganz toll, aber was nun? Ich bin nie befriedigt. Dann gehe ich in die Oper, und da fehlt mir wieder der schnelle Rhythmus. Ich mag das ja auch ... aber dann ist wieder die Sängerin zu dick. Dann gehe ich ins Rockkonzert, und das ist ja ganz flott da. Aber die sehen ja auch nicht so gut aus, der Sound ist außerdem schlecht, und ein Lied klilngt wie das andere. Dann gehe ins Kino. Naja, Kino ist ja auch immer ganz nett. So versuche ich eben immer, alles zusammenzumachen. Das ist viel! Eine große Aufgabe, die ich mir da gestellt habe."


Nach-Lesen

AUDIO in Heft 12/1985 zur CD "Klaus Nomi - Simple Man" (RCA PD 70229:

Zugegeben, das Berliner AIDS-Opfer Klaus Nomi ist in New York sicher einen häßlichen Tod gestorben, und so gesellt sich auch Pietät zwischen die Zeilen, wenn sein "Simple Man" - allein der Titel sagt alles - als CD posthum zur Kritik ansteht. Dennoch: Nomi war schon zu Lebzeiten umstritten, in der Beschränkung der Mittel hat er sich im Niemandsland zwischen Oper und Pop selbst ad absurdum geführt und das vielbeachete Debüt durch schwache Nachfolger in Mißkredit gebracht. Halb Clown, halb Kastrat, halb Nina Hagen bleibt der "Simple Man" auch in der übeflüssigen CD-Fassung ein gestyltes, auf Effekt getrimmtes Werk, das so gar nichts Spannendes besitzt. Klaus Nomi und sein Produzent Ron Johnsen vertrauen der ewigen Krafteiner Zarah Leander, doch auf computerisierten Allgemeinplätzen fühlt sich dieser Geist offensichtlich nicht wohl. Schade drum (Laufzeit 41'29). David van der Tahl.





Klaus Nomi - Cover-Galerie (Auswahl)







1. Cold Song (Purcell) - 4:04
2. Can't Help Falling in Love (Creatore/Peretti/Weiss) - 3:56
3. Keys of Life (Nomi) - 2:26
4. Lightning Strikes (Cristy/Herbert) - 2:59
5. The Twist (Checker) - 3:10
6. Nomi Song (Hoffman) - 2:49
7. You Don't Own Me (Madara/White) - 3:41
8. Wasting My Time (Nomi/Woody) - 4:16
9. Total Eclipse (Hoffman) - 3:30
10. Samson and Delilah (Aria) [live] (Saens/Saint) - 3:44
11. Der Nussbaum (Schuman) - 3:05
12. From Beyond (Dowland) - 2:51
13. After the Fall (Hoffman) - 4:45
14. Just One Look (Carrol/Payne) - 3:19
15. Falling in Love Again (Hollander/Lerner) - 2:40
16. Icurok (Elliot) - 4:24
17. Rubberband Lazer (Arias/Frere) - 4:22
18. Wayward Sisters (Aenaes/Dido/Purcell) - 1:40
19. Ding-Dong (Arlen/Harburg) - 3:11
20. Simple Man (Hoffman) - 4:19

Bisher der umfangreichste Sampler!



Klaus Nomi - Diskografie
Albums:

Klaus Nomi
1981, Spindizzy Music / RCA S.A.
Record No. : ND70229
Songs:
Keys of Life (K.Moni)
Lightning Strikes (Lou Christie/Twyla Herbert)
The Twist (Chubby Checker)
Nomi Song (K.Hoffman)
You Don't Own Me (Jay Madara/D.White)
The Cold Song (H.Purcell)
[Originally a bass aria from the semi-opera "King Arthur"]
Wasting My Time (K.Nomi / S.Woody)
Total Eclipse (K.Hoffman)
Nomi Chant (M.Parrish)
Samson and Delilah, Aria (Saint-Saens) Recorded live
Produced by Ron Johnsen
Executive Producers: Lawrence M. Rosenthal & Myron Dickstein
Players:
Jon Cobert, keyboards
Daniel Elfassy, drums
Rick Pascual, bass
Scott Woody, guitars
Julie Burgher, backing vocals (with Jon Cobert, Scott Woody and Klaus Nomi)

Simple Man
1982, Spindizzy Music / RCA S.A.
Record No. : PL70229
Songs:
From Beyond (John Dowland)
[Based on the song "If My Complaints"]
After the Fall (Kristian Hoffman)
Just One Look (Doris Payne/Gregory Carroll)
Falling in Love Again (Lerner / Hollander)
[Original version from the film "Blue Angel"]
Icurok (George Elliott)
Rubberband Laser (Joseph Arias / Anthony Frere)
Wayward Sisters (Henry Purcell)
[From the opera "Dido and Aeneas"]
Ding Dong (Harold Arlen / E.Y. Harburg)
[Original version from the film "The Wizard of Oz"]
Three Wishes (George Elliott/Jamie Dalglish/Sierra)
Simple Man (Kristian Hoffman)
Death (Henry Purcell) [From "Dido and Aeneas"]
Return (John Dowland) [Based on "If My Complaints"]
Produced by Ron Johnsen & Klaus Nomi
Executive producer: Lawrence M. Rosenthal
Supervising producer: C.J. Ellis
Arranged by
1, 7, 11, 12 Jack Waldman
2, 4, 8, 10 Kristian Hoffman
5 George Elliott & Klaus Nomi
9 George Elliott

In Concert
1986, RCA
Record No. : RC270B!JLPB!K or PL71145
Songs:
Side A
1.Keys of Life
2.Falling in Love Again
3.Lightning Strikes
4.Nomi Song
5.The Twist
Side B
1.Total Eclipse
2.I Feel Love* [*Donna Summer !]
3.Samson and Delilah
*Live Performance Recorded at Hurrah's 1979 (New York)

Collections:
Encore ­ Nomi's Best
1984, RCA
PD 70180
Songs:
1. Fanfare (0'41 -- instrumental track)
2. Cold Song (4'03 Purcell)
3. Total Eclipse (4'14 Live version, K. Hoffmann)
4. Can't Help Falling In Love (3'55 Peretti-Creatore-Weiss)
5. Simple Man (4'17 Kristian Hoffman)
6. Wasting My Time (4'15 K Nomi-S. Woody)
7. Wayward Sisters (1'41 From Dido & Aeneas - H. Purcell)
8. Ding Dong (3'10 Harold Arlen & E.Y. Harburg)
9. You Don't Own Me (3'41 Jay Madara/D. White)
10. Der Nissbaum (3'04 Shuman, arranged by Jon Cobert)
11. Lightning Strikes (2'57 Lou Christy/Herbert)
12. The Twist (3'02 Chubby Checker)
13. Samson and Delilah (Aria) 3'45 (Saint Saens) (live at Merlyn's)
Produced by Rod Johnsen for Spindizzy Music Inc.

In Concert
1986, RCA
Record No. : RC270B!JLPB!K or PL71145
Songs:
Side A
1.Keys of Life
2.Falling in Love Again
3.Lightning Strikes
4.Nomi Song
5.The Twist
Side B
1.Total Eclipse
2.I Feel Love* [*Donna Summer !]
3.Samson and Delilah
*Live Performance Recorded at Hurrah's 1979 (New York)

Collections:
Encore ­ Nomi's Best
1984, RCA
PD 70180
Songs:
1. Fanfare (0'41 -- instrumental track)
2. Cold Song (4'03 Purcell)
3. Total Eclipse (4'14 Live version, K. Hoffmann)
4. Can't Help Falling In Love (3'55 Peretti-Creatore-Weiss)
5. Simple Man (4'17 Kristian Hoffman)
6. Wasting My Time (4'15 K Nomi-S. Woody)
7. Wayward Sisters (1'41 From Dido & Aeneas - H. Purcell)
8. Ding Dong (3'10 Harold Arlen & E.Y. Harburg)
9. You Don't Own Me (3'41 Jay Madara/D. White)
10. Der Nissbaum (3'04 Shuman, arranged by Jon Cobert)
11. Lightning Strikes (2'57 Lou Christy/Herbert)
12. The Twist (3'02 Chubby Checker)
13. Samson and Delilah (Aria) 3'45 (Saint Saens) (live at Merlyn's)
Produced by Rod Johnsen for Spindizzy Music Inc.

The Klaus Nomi Collection
1992

Klaus Nomi
1994, BMG France
Record No. : 74321226902 (CD)

Urgh! A Music War
1981, A&M Records
A collection of new wave live acts (The Police, UB40, Gary Numan etc.)
Also on video
Nomi sings Total Eclipse

Snakeman Show
Alfa Records, Inc. Tokyo, Japan
Record No. : 50XA-223/4 (CD)
Cold Song

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Singles:

You Don't Own Me / Falling in Love Again
Record No. : PB8783
1981, Spindizzy Music / RCA S.A.

Nomi Song / Cold Song
Record No. : PB8864
1982, Spindizzy Music / RCA S.A.

Lightning Strikes / Falling in Love Again
Record No. : PB8836
1982, Spindizzy Music / RCA S.A.

Ding Dong the Witch Is Dead
1982, Spindizzy Music / RCA S.A.

Simple Man / Death
Record No. : PB9947
1982, Spindizzy Music / RCA S.A.

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Videos:

Urgh! A Music War
1981, A&M Records

Tribute to Klaus Nomi
Victor Musical Industries, Inc. Tokyo, Japan
1.Falling in Love Again [different from album version] 2.Lightning Strikes 3.Nomi Song 4.Simple Man