Cäsars 60. Geburtstag im "Anker" zu Leipzig



Fotoserie mit Diashow © Hartmut Helms



Lieber CÄSAR,

wieder stehe ich im „ANKER“, reichlich zwei Jahre nach dem Gedenkkonzert für Klaus „Jenni“ Renft, der meinte, daß wir auf seinem Grab tanzen sollten. Damals war ich das erste Mal überhaupt hier und es tat weh im Herzen.
 
Jetzt bin ich wieder an diesem Ort und stehe, wie so oft in den letzten zwei Jahren, etwa in der zweiten, dritten Reihe gegenüber dem Mikro, vor dem Du immer mit Deiner Gitarre standest. Es ist heute die Party zu Deinem 60. Geburtstag und alle sind sie gekommen: Ich treffe Tamara und Achim aus Köthen, KUO und Rita aus (Agfa)Wolfen, irgendwo sind Dietmar und RüLü mit ihren Kameras. Neben mir steht die blonde Petra aus Berlin sowie Sabine und Andreas aus Cottbus auf der anderen Seite. Kundi ist gekommen und wo der auftaucht, sind auch Lissi und Mary nicht weit. Mein Freund „Wodka“ war aus Aschaffenburg angereist, um diesen Abend zu erleben. Auch Reinhard Fißler ist unter den Anwesenden.

Mir ist, als könnte ich Deinen Blick spüren. Irgendwo von da oben, von der Galerie vielleicht, beobachtest Du mit Deinem stillen Lächeln das Geschehen und möchtest eigentlich mit da unten auf der Bühne stehen. Doch es wird heute anders sein als sonst, aber auch wieder nicht, denn solange wir noch da sind, wird diese Hütte auch immer wieder voll werden! Das machen wir Dir zu Ehren, sicher, aber ich tu es auch, weil ich diese Deine Musik zum Leben brauche wie Luft, Wasser und Liebe.

Denen da auf der Bühne, die in den nahezu drei Stunden Deine Lieder singen und spielen, scheint es ebenso zu gehen. Noch einmal lassen Deine (Mit)Spieler  ihre Instrumente und Stimmen gemeinsam mit Dir erklingen. „Wie’s nie kommt kommts“ singt Dein Freund Burghard und Bernd Fleischer fügt Dein wuchtiges „Hallelujah“ hinten an.

Karussell-Erinnerungen werden lebendig, als Oschek die Geschichten von „Mac Donald“ und vom „Gelben Mond“ erzählt und Dein Sohn Robert im ganz eigenen Stil „Nämlich bin ich glücklich“  singt. Da schweifen meine Gedanken weit zurück, damals, als auch noch Claus Winter mit seinem Bass neben Dir auf der Bühne stand - was hab’ ich da für einen Kloß im Hals!

Wenn man traurig wird, hilft der Blues. Den gibt’s reichlich auf die Ohren und damit auch wieder Episoden von Dir, erzählt von Burghard („Hallo, Mr. Biedermann“) und dem Blues-Urgestein Big Joe Stolle, der sich „Whisky“ und „Mein Bruder Blues“ ausgesucht hat, zwei Gefährten, die auch er ganz gut kennt. Dieser Blues geht in den Bauch und in die Beine und hunderte begeisterte Stimmen im Saal antworten, als „Boddi“ Bodag fragt:  „Geht es dir gut?“ Klar doch, wenn der „Mitternachtsblues“ den Saal rockt und die schweißwarme Luft die Kälte vergessen läßt.

Wer CÄSAR sagt, meint oft RENFT und wenn einer von „Mama“ singt, kann das nur Monster sein. Schön Alter, daß du da oben stehst und uns den „Wandersmann“ machst und uns die „Flüsse und Tränen (fort in’s Weltmeer)“ singst, endlich auch wieder live. Da ist sie wieder und immer noch, diese Urgewalt an Stimme und die Macht der Gefühle – zwei Legenden, RENFT und CÄSAR, aber ein Gedanke: „Ich und der Rock“.

 

Immer wenn ich „Besinnung“ höre, werden mir die Knie weich und die Augen feucht. Mensch, Robert und Moritz, das war hart an der Gefühlsgrenze und es muß schon ein besonderer Moment sein, wenn Grauhaarige weinen. Da passen „Cäsar’s Blues“ und der „Baggerführer Willi“ ganz gut, um sich wieder emotional aufzurappeln und Dirk Zöllner ist auch der richtige Typ dafür.

Ich habe nicht nachgezählt, wie viele Musiker und fleißige Helfer, allen voran Simone Dake, diese Stunden gestaltet haben, auch wenn die „Lütte“ sie alle genannt und den Abend in ihrer ureigenen Berlinerischen Art bewegend moderiert hat. Es ist schon etwas besonderes, eine solche Musikantenfamilie zu erleben, in ihren Gedanken und Gefühlen eins mit uns, die wir in den „Anker“ gepilgert sind. Dennoch würde ich mich gern Volkmar anschließen, als er gleich zu Beginn sagte: „Ich wollte schon immer singen, aber ich hätte lieber darauf verzichtet.“

Als das Flöten-Intro die „Rose“ ankündigt, sind meine Gefühle nackt und wie ich mit meinen feuchten Augen noch erhaschen kann, bin ich damit nicht allein. Die Bilder auf der Leinwand erzählen noch einmal  aus Deinem Leben und als die Hände nicht mehr klatschen, können sie die Stille fassen - auf der Bühne, im Saal, auf der Galerie, überall.
Jetzt würdest Du 60 sein und ich könnte Dir, wie ich es versprochen habe, einen „Apfeltraum“ in Dur singen. Ich hab’s getan, Cäsar, gemeinsam mit vielen Freunden und Weggefährten und leider auch in Moll. Ich singe ihn wieder und wider das Vergessen, versprochen! 

Da draußen ist Januar im Jahre 2009 und diese Nacht ist arschkalt. Was bin ich froh, mich mit diesem Gefühl der inneren Wärme auf den Weg nach Hause begeben zu können, mit Erinnerungen im Herzen an ein heißes Konzert und an diesen einmaligen und warmherzigen Menschen CÄSAR sowieso. Dieser kalte Januar wird bald vorüber sein, die Erinnerungen verblassen nie!

Seid mir gegrüßt, Ihr Weggefährten!

Wer die Puhdys oder Karat für die DDR-Rockmusik hält, weiß nichts von Renft.
Es spielt keine Rolle, welchen Weg ich wähle - ich gehe nach Hause.