Sigur Rós - Info |
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Hier fehlen die Worte ... Für mich "Ecstatic Rock" vom Allerfeinsten!
Foto: Gerd Müller Ein weiteres senationelles Konzert fand am 14. Oktober 2017 wieder in der Jahrhunderthalle Frankfurt statt. Mit noch mehr tollen visuellen Effekten angereichert. Einen Eindruck davon kann man sich bei der folgenden Fotostrecke machen: "Ecstatic Rock", Frankfurt/Main, Jahrhunderthalle, 24. November 2013 © Fotostrecken von Gerd Müller Meine Rezension mit professioneller Fotostrecke von Gerald Langer finden Sie auch bei: Preisfrage: Sehr viele Fans standen bei windigem Wetter bereits um 18 Uhr Schlange vor dem Einlass zur architektonisch gelungenen Jahrhunderthalle in Frankfurt, die heuer 50 Jahre alt wurde. Sie wussten, was sie erwarten dürfen: Ein isländisches, fast ausverkauftes Naturereignis mit Vulkanausbrüchen, heißer Lava, sprudelnden Geysiren, blauen Lagunen, eingerahmt von Elfen und Trollen um den charismatischen Sänger Jónsi und seine Crew. Und sie wussten auch, dass die Band in Deutschland tags darauf nur noch in Düsseldorf gastiert. Da liegt für nicht wenige Frankfurt einfach zentraler. Um 20 Uhr stand für eine halbe Stunde zunächst der Support „I Break Horses“ auf dem Programm. Sie spielten ausschließlich hinter dem transparenten Vorhang, der erst beim Hauptact des Abends fallen sollte. Was sie boten, war eine so nicht erwartete Überraschung. Die wenigsten dürften diese Formation mit dem eigenartigen Namen gekannt haben („Ich zerbreche Pferde“). Es war ein idealer Appetitmacher für die kommende Show. Hinter der Formation steckt Maria Lindén, eine schwedische Soundtüftlerin, die mit ihrem musikalischen Partner Fredrik Balck und einem weiteren Musiker Synthie- und elektronische Beats raffiniert zu verschmelzen wusste und mit ihrer eindringlichen Stimme eine fast hypnotische Stimmung erzeugte. Bis auf die Sängerin traten sie im Kapuzenlook auf, was auf dem Vorhang mystische Effekte hervorrief. Links: Offizielle Website von Sigur Rós Website des Fotografen Gerald Langer © Fotostrecke von Gerd Müller Um 20 Uhr eröffnete als Support „Blanck Mass“ den Abend mit einer fast endlosen, sich permanent wiederholenden Elektronica-Einlage. Das dauerte eine halbe Stunde. Meine Kurzkritik: „Meditativ-Dröhnung“. Hinter einem transparenten Vorhang hantierte der Protagonist mit verschiedenen elektronischen Geräten. So etwas hört man sich allenfalls einmal an. Zur Einstimmung auf das folgende Konzert war es allerdings zumutbar, zumal Sigur Rós eine sehr experimentierfreudige Band sind und mit elektronisch erzeugten Effekten sehr gut umzugehen wissen.
Nach einer kleinen Umbaupause wartete man gespannt auf den Hauptact des Abends. Die diesmal elfköpfig formierte Band um den charismatischen Sänger und Gitarristen Jón Þór Birgisson (Jónsi) wurde um ein Blechbläserduo und einige Geigenspielerinnen erweitert und begann pünktlich um 21 Uhr mit ihrer gigantischen Musikshow. Sicher muss man einräumen, dass die wehmütige Falsettstimme von Jonsi nicht jedermanns- und –fraus Sache ist. Hat man die aber erst mal intus, ist sie ein eigenständiges und vor allem einzigartiges „Klanginstrument“, das die Musik ideal ergänzt. Wie er mit einem Cellobogen seine E-Gitarre bearbeitet, ist immer wieder ein besonderer Hingucker. Klangkaskaden auf der Bassgitarre, dem Keyboard und vor allem vom nimmermüden Drummer, der ein paar Hände mehr zu haben scheint, ergänzen die solistische Darbietung von Jónsi. All dies löst ein unbeschreibliches Wechselbad der Gefühle aus und weckt Emotionen. Nachdem die ersten Songs noch hinter einem transparenten Vorhang gespielt wurden und wunderschöne übergroße Schattenbilder hervorriefen, waren es später die atemberaubend fantasievollen Hintergrundprojektionen, die jede Komposition in idealer Weise ergänzten und zusätzliche Impulse vermittelten. Müßig zu erwähnen, dass die Lightshow vom Allerfeinsten war und wunderbar warme Lichtteppiche ausbreitete. Neben bewährten Songs aus vergangenen Alben kamen auch einer aus der im vergangenen Jahr veröffentlichten CD „Valtari“ sowie vier völlig neue Songs hinzu. Die Texte versteht man nur, wen man die isländische Sprache beherrscht, doch vieles wurde auch in einer eigenen Kunstsprache gesungen. Dies tat der Sache aber keinen Abbruch. Nach gut zwei Stunden wurde das Konzert wie stets mit dem ekstatischen Opus „Popplagið“ beendet. Das ist die Vulkanassoziation aus der Titelüberschrift. Wer das Glück hatte, ergatterte zwei Drumsticks, die Orri Páll Dýrason in die Zuschauermenge warf. Zwei „Zugaben“ bestanden leider nur aus Verabschiedungen der Band von ihrem jubelndem Publikum. Als Resümee kann ich festhalten, dass Sigur Rós wie ihre einsam im Atlantik liegende Insel ein Naturereignis sind. Sie vereinen im übertragenen (musikalischen) Sinn blaue Lagunen, warme Quellen, Geysire, Vulkanausbrüche, Wasserfälle, Trolle in sich. Ein musikalisches wie optisches Gesamtkunstwerk par ecxellence. Übrigens soll noch in diesem Jahr eine weitere Studioproduktion veröffentlicht werden. Ich persönlich hätte einen dringenderen Wunsch, nämlich eine BlueRay mit einem Konzert der laufenden Welttour. Nachbemerkung:
Setlist: 01 Yfirborð
Farbfoto oben und rechts: © Gerd Müller
Pressestimmen "...Und über allem schwebt der sphärische Falsettgesang von Frontmann Jonsi – elfenartig, geschlechtslos. ..." - "Die isländische Band Sigur Rós gastierte am Sonntag im ausverkauften Zenith. ..." (merkur-online.de und "tz") "...Irgendwie schottisch. Irgendwo irisch. Auf jeden Fall: Elfenhaft. Elbengleich. Irrlichternd. Hobbitmäßig. Einfach. Sauber. Gut. Traurig. Schön. Nicht von dieser Welt. Wunderschön. ..." (Sueddeutsche.de) - Anmerkung: Da hatte jemand sein Wörterbuch ausgeschüttet. Hier der ganze Artikel ...
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Zwar ein etwas verwackeltes Amateurvideo, aber man kann sich gut vorstellen, was bei diesem Konzert auf der Bühne abging. Dazu die einmarschierende Blaskapelle ... Sigur Ros (Pressefoto) Wiesbaden, Schlachthof, 12. August 2008 Der "gekrönte" Schlagzeuger ... Jónsi Birgisson in sich versunken Die Blaskapelle im Stück "Se Lést" Konfettiregen Applaus vom begeisterten Publikum
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Fotoserie vom Konzert in Wiesbaden Sigur Rós: Elfen und Trolle träumen und tollen ... Ich muss einräumen, dass mir die isländische Band Sigur Rós erst im letzten Jahr das erste Mal "unterkam". Das Musikangebot empfinde ich immer mehr als fast nicht durchschaubar. Offenbar war es aber ein viel zu flüchtiger erster Kontakt mit dieser außergewöhnlichen Formation. Denn außer dem Eindruck, dass alles ziemlich exotisch und ausgedehnt klingt, blieb nicht allzu viel haften. Vielleicht Ambient/Post-Rock? Keine Ahnung. Das hat man vom Durchzappen und änderte sich entscheidend im Lauf dieses Jahres, als ich mir in YouTube mal ihre Videoclips und Liveeinspielungen vornahm. Und bei einigen blieb mir schlichtweg der Atem stehen. Es sind Kunstwerke, die von einer Musik mit ungeheurer Tiefenwirkung getragen werden, aus der die isländische Seele klingt. Sie zelebrieren die oft über 10 MInuten langen Kompositionen mit einer Inbrunst, einer Andacht, einer Feierlichkeit, einer Langsamkeit, dass man alles um sich herum vergisst. Dann wird man allerdings manchmal mittendrin von aberwitzigen Gitarrenriffs, Drumpassagen und auf der Gitarre mit einem Cellobogen bearbeiteten abgrundtiefen Klangorgien fast bis zur Ekstase betäubt. Musik mit Suggestivcharakter zum Verinnerlichen und Staunen. Sänger Jónsi Birgisson mit seiner Falsettstimme kommt mir vor wie von einem anderen Stern. Nachdem Sigur Ros die Europatournee 2008 planten, war schnell entschieden: Da muss ich hin! Bei Livekonzerten findet man ja sowieso einen leichteren Zugang zu einer "neuen" Gruppe. Zuvor deckte ich mich mit der einfach fantastischen Doppel-DVD "Heima" ein, die die Traumlandschaft Islands mit ihrer Musik in idealer Weise verbindet. Wohl einmalig, dass bei unangekündigten Konzerten durch Mund-zu-Mund-Propaganda Massen von Menschen hinströmen. Eltern mit ihren Kindern nehmen da meist auch gleich die Großeltern mit. Ein Happening wie aus dem Bilderbuch oder fast mit biblischen Anleihen. So fuhren wir also am Nachmittag des 12. August 2008 Richtung Wiesbaden und erreichten den alten Schlachthof nach einigen Autobahnstaus so gegen 18 Uhr. Was gleich auffiel: Im Umfeld des Kulturzentrums zieren wunderbar kunstvolle - bestellte - Graffitis eine Reihe von Baulichkeiten, wie das benachbarte Jugendzentrum. Sowas fasziniert mich und ich hatte schon Bedenken, dass meine beiden Speicherchips zu voll würden ... Die Vorgruppe Olafur Arnalds wollte ja auch ein bisschen fotografisch festgehalten werden. Ab 20 Uhr war Saaleinlass. Schätzungsweise mindestens 1200 Fans standen dicht gedrängt im Saal vor der Bühne. Zunächst war aber die Vorgruppe Olafur Arnalds an der Reihe. Wir haben diese gleichfalls isländische Gruppe zwei Tage zuvor in Erlangen (E-Werk) beim "1st international independent festival" hautnah erleben können. Das E-Werk ist ein tolles Kultur- und Jugendzentrum, wunderschön hergerichtet. Und der große Garten eignete sich hervorragend zu dieser Open Air. Natürlich erhält auch Olafur Arnalds die ihm gebührende Juwelenseite. Klassische Kammermusik mit Popelementen, so könnte man es bezeichnen. Diese spartanisch arrangierte Musik des blutjungen 21-jährigen Komponisten und Multiinstrumentalisten Olafur Arnalds kommt direkt aus der etwas schwermütigen Seele der Isländer. Ein "Problem", das sie mit den übrigen lichtarmen Nordländern teilen. Etwa um 20:45 h begannen Olafur Arnalds ihren konzertanten Auftritt. Er zeigte mit seinen drei Ladys (zwei an der Violine, eine an der Viola) sowie einem jungen Mann am Cello, natürlich unplugged, welche fast schon sakrale Atmosphäre man mit Pop-Kammermusik zaubern kann. Traumhaft schön! Natürlich konnte es dann nicht ausbleiben, dass ich mir von Olafur nach dem Konzert mit Sugur Ros eine seiner CDs signieren ließ. Die Band wurde 1994 von Jón Þór Birgisson (Jonsí) in Reykjavík gegründet. Mit dabei: Georg Hólm (Goggi) und Ágúst Ævar Gunnarsson. Am Tag der Bandgründung wurde Jonsís Schwester geboren, die den Namen Sigurrós trägt und somit zur Namensgeberin für die Band wurde. Nach einer Umbaupause waren endlich Sigur Rós an der Reihe. Voller Spannung und Neugier erwartet. Bereits der erste Song "Svefn-g-englar", eines der Frühwerke, ging unter die Haut. Wenn man sich dazu noch das kunstvolle Video in Erinnerung ruft, das mit mongoloiden und als Engel verkleideten Menschen in Zeitlupe aufgenommen wurde (unbedingt anschauen!), ist die Illusion vollkommen. Der Sänger hält einen Ton mühelos eine Minute lang und lässt ihn unter dem Beifall des Publikums langsam ausklingen. Er "zersägt" seine Gitarre mit einem Cellobogen, dessen Saiten sich langsam auflösen und herabhängen und entlockt ihr so unglaublich unterirdisch-infernalisch-laute Töne, die durch Mark und Bein gehen. Konfettiregen, Seifenblasen und eine tolle Lighshow tun das übrige, um eine Stimmung zu verbreiten, die sich in die Herzen der begeisterten Fans eingräbt. Dann wieder sanfte meditative Passagen, die sich sofort erschließen und den Adrenalinspiegel wieder senken ... Und wenn dann inmitten eines völlig "normalen" Stückes eine Blaskapelle, sogar mit einem beeindruckenden Sousaphon mehrmals über die Bühne marschiert, kennt die Begeisterung keine Grenzen. Wunderbarer Sound - traumhaft schöne Keyboardklänge von Kjarri Sveinsson. Ein sensibel, aber auch furios gespieltes Schlagzeug von Orri Páll Dýrason harmoniert mit filigranen Basstönen (Georg Holm) und Gitarrenklängen zu der unvergleichlichen Stimme des Sängers und Gitarristen (Jónsi Birgisson). Es ist keine "normale" Band wie so viele. Sigur Ros sind ein Naturereignis, ein Naturschauspiel: Vulkane, Geysire, Erdbeben, Sturmwind, Säuseln, Stille, Andacht ... Parallelen zu ihrer Heimat Island, dieser wunderbaren Insel, sind daher nicht zufällig. Sie benutzen manchmal eine Kunstsprache für ihre Texte, die die mystischen und oft epischen Songs in eine besondere Sphäre emporheben. Aus einem Konzert wird ein Fest der Sinne. Ein unglaublich dichter Augen- und Ohrenschmaus. Jedenfalls kennt die Begeisterung für diese Band keine Grenzen, buchstäblich und im übertragenen Sinn. Und ich muss gestehen, dass ich wirklich mit totaler Euphorie und gleichzeitiger innerer Ruhe das Konzert genießen durfte. Es wird noch lange nachhallen ... Das ist der Stoff, aus dem Träume sind! Und bevor ich jetzt weiterträume, empfehle ich unbedingt in einige YouTube-Clips hineinzuhören und zu -sehen.. Ich habe eine sehr individuelle Auswahl getroffen. Aber es gibt ja noch viel mehr. Es lohnt ... Und man hofft, dass die Band nie wieder ihre 1999 mal beabsichtigten Trennungsgedanken verwirklichen werden. Jedenfalls waren die über 250 km Heimfahrt nach einem solchen Konzert, wo wir noch mit einigen netten Fans ins Gespräch kamen, ein Klacks. Setlist: Svefn-g-englar, Sæglópur, Sé lest, Ný batterí, Við spilum endalaust, Gong, Andvari, Festival, Hoppípolla, Með blóðnasir, Inní mér syngur vitleysingur, Hafsól, Gobbledigook ("lalalalala.... das ausgelassene Lied lädt zum Tanzen ein ...) Glósoli und All Alright wurden diesmal nicht gespielt, dafür Gong und Andvari. Eine schöne blumig geschriebene Rezension über das Konzert in Köln findet man hier ... Ein Auszug: "An einem Fakt lässt sich dennoch nicht rütteln, live sind Sigur Rós eine der atemberaubendsten, wenn nicht die fabelhafteste Live-Band ever." Genau diese Eindruck habe ich heute noch ...
"Keine andere Band der letzten Jahre schaffte es, so unmittelbare und wahrhaftige Kopfkinomusik aufzunehmen. Immer wieder dachte man: Das geht nicht besser. Doch es geht tatsächlich: mit "Heima" gibt es 'Sigur Ros' nun zum ersten Mal im Filmformat - und es ist selbstverständlich ein außergewöhnlicher Film geworden. Er ist das Dokument einer zweiwöchigen Konzertreise, die 'Sigur Ros' im Sommer 2006 durch Island unternahmen. In diversen, meistens außergewöhnlichen Locations spielt die Gruppe Lieder aus allen Phasen, viele davon haben die Musiker komplett neu arrangiert, damit sie den Orten gerecht wird. Zu entdecken sind auch zwei neue, exklusive Songs: Das wunderschöne Traditional "A Ferd Til Breidarfjardar 1922", gesungen vom isländischen Dichter Steindor Andersen, sowie "Guitardjamm", aufgenommen und gefilmt in einem gigantischen Öltank ganz im Westen der Insel. "Heima" bedeutet Heimat - und wenn die Musiker in dem Film von "einer immer wieder auftauchenden, unergründlichen Sehnsucht nach Heimat" erzählen, dann zeigen die Bilder sehr schnell, warum das so ist: Der Film fängt die atemberaubende Schönheit des Landes ein und zeigt, wie auch die Musiker der Gruppe diese Heimat immer wieder neu entdecken. Geisterhafte Städte, mystische Kultstätten, gigantische Nationalparks, kleine Kneipen - und schließlich, als Ziel und Höhepunkt der Tour, ein monumentaler 'Sigur Ros'-Gig in Reykjavik: das größte Konzert der Band und der Geschichte Islands überhaupt. Anmerkung:
"Sigur Rós haben beschlossen, keine Interviews mehr zu geben. Nicht, dass die als eigenbrötlerisch und verschroben geltenden Isländer vorher gesprächig gewesen werden. Seit ihrer Gründung 1994 in Reykjavik trieben sie mit zunehmender Popularität so manchen Journalisten und Mitarbeiter ihrer Plattenfirmen in den Irrsinn. Die Männer von der atemberaubend schönen Atlantikinsel gelten als Kontrollfreaks am Rande der Paranoia. Wie anders Sigur Rós ticken, wie wenig sie Fremde an sich heran lassen, ahnt man beim Anschauen von Heima, eine der besten DVDs der letzten 10 Jahre. Auch wird überdeutlich, wie sehr ihr epischer Post-Rock mit der landschaftlich einzigartigen, mystischen Heimat verbunden ist. Sigur Rós wollen weder sich noch die Welt erklären, sie öffnen mit ihrer Musik Gefühlsräume. Deswegen bleiben auch die Texte verschwommen, interpretierbar.
Das ist auch auf Med Sud I Eyrum Vid Spilum Endalaust nicht anders und doch hat sich einiges verändert. Falsett-Sänger Jonsí Birgisson benutzt nach der Kunstsprache „Hopelandish“ - was für Hoffnung steht - und Isländisch nun auch Englisch. Verstehen kann man ihn trotzdem nicht. Dafür aber präsentiert die sich nach Jonsís Schwester Sigurrós („Siegesrose“) benannte Gruppe so wenig ausschweifend wie noch nie. Vorgängeralben wie Ágætis Byrjun schwebten Gesamtkunstwerken gleich an einem vorbei. Auf Med Sud I Eyrum Vid Spilum Endalaust, übersetzt „Mit einem Brummen in den Ohren spielen wir endlos weiter“, aber werden die Songs voneinander gelöst und entwickeln so eine neue Lebendigkeit. Das von Starproduzent Flood (Depeche Mode, U2, Nick Cave) verfeinerte, teilweise mit Orchester und Chor in den legendären Abbey Road Studios (Beatles) aufgenommene Material weist so gänzlich unterschiedliche Charaktere auf. Neben den weiterhin schönen Soundscapes mit ihren Dynamiken kommt es im einst abgeschlossenen Klangkosmos zu wahren Supernovae. Einige Stücke wie die knackige, rhythmische ja heitere Eröffnungsnummer „Gobbledigook“ und das dann folgende„Inní Mér Syngur Vitleysingur“ zappeln vor Enthusiasmus, klingen fast überdreht. Sigur Rós haben tatsächlich den Pop-Song für sich entdeckt, ohne dabei ihre andere, alte Seite zu vergessen: majestätisch hinreißende, verträumte Tracks, die sich bis zu zehn Minuten hinziehen. Das ist Musik, die einen in die innere Mitte führt, die Frieden und Zuversicht ausstrahlt. Ein Opfer gibt es dann doch zu beklagen. Zum ersten Male überhaupt wollten die Skandinavier Arbeit delegieren, und übergaben dem in Berlin lebenden Designer Olafur Eliasson den Auftrag für die Gestaltung von Cover und Konzertbühne. Als sie in die Hauptstadt kamen und das geometrische Figuren-Konzept sahen, reisten sie entsetzt ab. Nun zieren junge, nackte Menschen das Cover, ein Photo namens „Highway“ von Ryan McGinley, dass die Band beim Besuch in einem New Yorker Museum entdeckte. „Hübsche Hintern haben die“, meinten Sigur Rós, „das ist besser, als wenn man unsere komischen Visagen sieht“. Das klingt doch mal menschlich. -- Sven Niechziol (Aus der Amazon.de-Redaktion)
Könnt ihr meine Begeisterung jetzt besser verstehen? |