Das Video stammt nicht aus der "Nokia Night", veranschaulicht aber ähnlich, wie es damals gewesen war. Ein Traum!
München, Olympiahalle, 8. Dezember
2006
Normalerweise ist meine Juwelenseite Einzelinterpreten oder
Bands gewidmet, die ich besonders interessant und einige auch faszinierend
finde. Heute gibt es die erste Ausnahme von dieser "Regel":
Die Nokia Night of the Proms 2006. Hier traten Interpreten an, die eine
ganze Juwelensammlung darstellten. Unglaublich, was in dieser Häufung
präsentiert wurde. Und genau unseren Geschmäckern und Wünschen
entsprach. Man kann die Proms-Reihe leicht unter das Motto stellen: "Rock/Pop
meets Classic" - oder umgekehrt.
Es
waren insgesamt vier aufeinander folgende Termine in der Müncher
Olympiahalle angesetzt. Alle ausverkauft. Wir hatten Karten für Freitag,
8. Dezember. Schön war es, nach langen Jahren wieder mal am Olympiastadion
vorbei zur Olympiahalle zu laufen und die architektonische Meisterleistung
des Geländes zu bewundern. Schätzungsweise 10000 Fans der Nokia
Night waren es dann, die im Rund der Halle versammelt waren. Die Moderation
hatte wieder Markus Othmer vom Bayerischen Rundfunk (Bayern3) übernommen.
Er führte im Verlauf der dreistündigen Gala souverän, informativ
und originell durch die einzelnen Programmteile. Daraus wurde ein kleiner
Jahresrückblick. Alle Stücke, auch die rockigsten, wurden vom
Sinfonieorchester "Il Novecento" unter dem Dirigenten und Orchestergründer
Robert Groslot begleitet. Das seit 1991 bestehende Orchester mit ca. 55
Instrumentalisten und dem Chor "Fine Fleur" arbeitete auf Tourneen
schon mit Größen wie Pavarotti und Bocelli zusammen. Zum Sound
muss ich feststellen, dass er edel und voluminös ausgesteuert war.
Für eine akustisch schwierige Halle wie die Olympiahalle wirklich
sehr gut. Natürlich kann man den Klang eines großen Orchesters,
das über eine aufwändige Tonanlage verstärkt wird, nicht
mit dem Klang eines rein akustisch klingenden Orchesters im Konzertsaal
vergleichen. Durch die Kombination mit Pop- und Rockmusik ist dies allerdings
kaum anders sinnvoll zu bewerkstelligen. Was neben der tollen Musik faszinierte,
war das Lichtdesign. Ich habe eine so beeindruckende Lichtshow noch nie
in dieser Perfektion gesehen! Zu jedem Lied hat man die passende Athmosphäre
geschneidert. Neben einmalig schönen Lichtvorhängen a la Pink
Floyd waren es noch tolle variable Hintergrundprojektionen, die das akustische
Geschehen bildlich illustrierten. Alles nie aufdringlich oder zum Selbstzweck
entworfen, immer sich unterordnend. Wenn man bedenkt, dass wir den weltweit
größten LED-Vorhang mit 10000 bunten LEDs auf einer 540 qm
großen Leinwand sehen durften, kann man unschwer erahnen, was sich
da visuell abspielte. Noch dazu war es eine Weltpremiere.
Den
Anfang machte eine Legende der Popgeschichte, der bereits 75-jährige
Ike Turner. Verflossener Ehemann von Tina. Mittlerweile ist er zum
14. Mal verheiratet. Los ging es mit "Proud Mary". Seine dunkelhäutige
Gesangspartnerin Lyrica Garrett füllte den Part von Tina hervorragend
aus. Lyrica ist ja in der Szene keine unbekannte. Sie wurde von Tina Turner
entdeckt, sang in Musicals und trat schon mit bekannten Stars wie Chaka
Khan oder Stevie Wonder auf. Dann folgte "River deep mountain high".
Für mich sowieso ein Lied, dass zu den kostbarsten Schätzen
der Popgeschichte zählt. Ein packendes Arrangement, das dem Original
gut nahekam. Bekanntlich wurde die Studioaufnahme von Phil Spector, dem
"Wall of Sound"-Mann, kreiert. Allerdings vermisste ich den
ekstatischen Schrei von Tina, der auf der Studioproduktion enthalten ist.
Naja, sie ist ja auch nicht Tina ... Dennoch: Packend. Das weckte viele
Erinnerungen und Emotionen ...
Später folgte noch "Nutbush City Limits", was den Moderator
zu der Bemerkung veranlasste, es hätte besser "Not Bush"
heissen sollen. Alles in allem war der Auftritt von Ike und seiner Partnerin
ein berauschender Auftakt. Ich halte mich jetzt nicht mehr an die Reihenfolge
der Auftritte, da ich natürlich dem Genießen des Konzerts den
Vorzug vor dem Mitschreiben gab.
Zwischen den Promiauftritten gab es Orchestereinlagen, z.B. die Ouvertüre
zur "Diebischen Elster" von Rossini, wahnsinnig starke Gesangseinlagen
des dunkelhäutigen Operntenors Tony Henry, die unter die Haut
gingen. Später sang er auch mit anderen Stars der leichteren Muse
tolle Duette, auch mit John Miles. Henry ist momentan der Shootingstar
der Klassikszene. Der "Daily Telegraph" bezeichnet ihn als Opernsensation.
Hm, er sang auch "Delilah" von Tom Jones. Da hätte dieser
wirklich keine Chance gehabt. Eine ganz tolle Entdeckung, die dem deutschen
Publikum erstmals präsentiert wurde. John Miles habe ich schon erwähnt,
er begleitet die Proms seit Anbeginn. Sein größter Hit "Music",den
er Mitte der Siebziger komponierte, war einfach ein Traum. Für mich
ein Titel, an dem man sich einfach nicht satthören kann. Mit großem
Orchester und seiner "Electric Band" beeindruckend umgesetzt.
Und hier leuchteten auch die meisten kleinen Glühbirnchen im Publikum.
Das Orchester spielte im Verlauf des Abends noch Sequenzen aus Strawinskys
"Feuervogel" und Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung".
Wowh, da ging das Klassikherz in mir weit auf. In diesem Zusammenhang
muss man natürlich erwähnen, dass eine Walzereinlage nicht fehlen
durfte. Im Parkett tanzten die meisten Paare, von einzelnen Spots beleuchtet,
zu den beschwingten Melodien. Einen kleinen Moment lang wähnte man
sich auf dem Wiener Opernball!
Aber ich will ja noch zu weiteren Höhepunkten kommen. Der Auftritt
von Meister Mike Oldfield war für mich ein weiteres absolutes
Highlight. Er, der sich äußerlich kaum verändert hat,
begann mit Auszügen aus "Tubular Bells". Dann folgten noch
mit der Sängerin Miriam Stockley wunderschöne Versionen
von "To France", "Moonlight
Shadow" und ein weiterer, den ich vergessen habe. Miriam ist die
Sängerin der Gruppe "Adiemus" und stammt aus Südafrika.
Dann folgte aber ein Hammer: "Shadow on the Wall". Man kennt
diese Oldfield-Komposition eigentlich nur mit Roger Chapman, dem Mann
mit der "Ziegenmeckerstimme", wie mal ein Kritiker bemerkte.
Ich hätte mir bis dato nicht vorstellen können, dass ein anderer
Sänger diese einmalige Aufnahme noch toppen könnte. Er konnte
es. Wer? John Miles! Mit kraftvoller Stimme verlieh er diesem Song
eine neue Dimension. Ich war fassungslos. Dazu passte wieder wie angegossen
das tolle Orchester- und Bandarrangement. Brrrrrrrrh, das ging voll unter
die Haut. Miles sang im Verlauf des Abends noch den Hit von Bruce Springsteen
"Born to run", ebenfalls beeindruckend gut. Das hätte ich
dem Künstler so nicht zugetraut.
Aber es sollte noch weitere Steigerungen geben. Voll im enthemmten Hexenkessel
der weitläufigen Arena ging die Band "Chico & The Gypsies"
auf. Mit lateinamerikanischen Rhythmen wurden auch Gefühlsausbruchmuffel
mitgerissen. Mir war Chico Bouchiki nicht bekannt. Als ich aber hörte,
dass er vor einigen Jahren bei den "Gipsy Kings" ausstieg, ging
mir natürlich ein großes Licht auf. Er zog jedenfalls eine
fantastische Bühnenschow ab mit Titeln wie "Bamboleo" und
anderen.
Und dann kamen OMD (Orchestral Manoevres In The Dark) auf die Bühne.
Natürlich mit ihrem allergrößten Hit "Maid Of Orleans".
Da war ich wie viele andere einfach weggetreten! Die beiden Frontmänner
Paul Humphreys und Andy McCluskey zogen eine tolle Show ab - auch mit
"tänzerischen" Einlagen. Dann folgte noch ein ausführliches
Medley mit weiteren Hits. Die Fans waren außer sich ... vor allem
auch deshalb, weil es erst die Nokia Night fertig brachte, dass sich die
Band nach langen Jahren Trennung wieder vereinte. OMD kommen aller Voraussicht
nach im Frühjahr 2007 zu einigen Tourterminen nach Deutschland.
Wer mehr gespielte Titel erfahren möchte: Auf der unten abgebildeten
CD sind weitere, hier nicht erwähnte enthalten.
Langsam neigte sich ein unvergesslicher Abend dem Ende entgegen. Nun wurde
"Land of Hope and glory" angekündigt. Mit Texttafeln zum
Mitsingen. Da fühlte ich mich - natürlich wie alle stehend -
plötzlich in die "echten" Promskonzerte nach England versetzt
und ein kleiner Traum wurde in München wahr. Wie muss es erst in
der Royal Albert Hall in London zugehen, wenn tausende enthusiastische
Engländer diesen Song mit voller Hingabe singen?
Eine Hommage an die Beatles stellte zum Abschluss der Mitsingsong
"Yellow Submarine" dar, den die vielen tausend Kehlen schmetterten
...
Ein unvergesslicher Abend ging zu Ende und bei der Heimfahrt
wurde noch viel über dieses Ereignis gesprochen.
Danke Liane, Sybille, Michael und Roman und Dank an die anderen Freunde,
mit denen wir das erleben durften!
Gerd
Aus einer Pressemitteilung von Nokia Night of the Proms
zur Historie der Konzertreihe:
"1985 wollten Studenten der Universität Antwerpen eine Party
feiern. Sie sollte zuerst nur mit populärer Klassik wie sie auf den
Promenaden der britischen Seebäder unter dem Slogan "Last Night
Of The Proms gespielt wird, untermalt werden. Um jedoch allen Geschmäckern
gerecht zu werden, wurden Pop-Evergreens darunter gemischt. Die Resonanz
auf diese Mixtur war so positiv, dass die Konzeption ab 1985 als Konzertveranstaltung
an den Start ging. Aus dem Kompromiss entstand ein Spektakel, das nicht
nur Pop und Klassik, sondern auch Fans aller Altersgruppen vereint. Nachdem
in Antwerpen von Jahr zu Jahr mehr Shows stattgefunden hatten, wurde die
Night Of The Proms ab 1994 auch auf Tournee geschickt. In Deutschland
übertraf die Akzeptanz des Musik-Happenings alle Erwartungen, so
dass aufgrund der enormen Nachfrage von Jahr zu Jahr mehr Shows gespielt
werden. Auch logistisch setzt die Proms Maßstäbe: Im Rahmen
der Deutschland-Konzerte reisen auf der Tour ca. 200 Beteiligte mit 8
Bussen, 7 Sattelzügen und mehreren Vans. Die Idee ist so simpel wie
brillant! Das Orchester Il Novecento - unter der Leitung von Robert Groslot
- und der Chor Fine Fleur präsentieren Pop-Musik der letzten 250
Jahre. Neben den klassischen Hits präsentiert die Night Of The Proms
auch zeitgenössische Pop- und Rockstars, die ihre größten
Hits in Begleitung des Orchesters, des Chores und der Electric Band von
John Miles spielen."
MIKE OLDFIELD www.mikeoldfield.com
OMD www.omd.uk.com
CHICO & THE GYPSIES www.chico.fr
IKE TURNER www.iketurner.com
MIRIAM STOCKLEY www.miriam.co.uk
TONY HENRY (Tenor) www.tony-henry.com
JOHN MILES & ELECTRIC BAND www.john-miles.net
IL NOVECENTO www.ilnovecento.com
ROBERT GROSLOT www.robertgroslot.com
FINE FLEUR www.fine-fleur.com
Die abgebildete CD ist jetzt erschienen.
Inhalt:
1. Overture "NOTP 2006 Deutschland" 2. Largo al factotum 3.
Proud Mary 4. Prelude Carmen 5. Born to run 6. Pictures at an exhibition
7. Nella fantasia 8. Maid of Orleans 9. Sailing on the seven seas 10.
Raiders march 11. Nutbush city limits 12. Djobi, djoba / Bamboleo (Medley)
R 13. Miserere 14. Wltz medley 15. Ommadawn 16. Shadow on the wall 17.
Tubular bells
Es gibt auch von vergangenen Tourneen noch Live-CDs im Handel.
Erstmals eine DVD erschienen mit einem Rückblick auf
10 Jahre Proms in Deutschland. Die gibt es nur bei den Konzerten und
auf dieser Website: Hier
...
Eingestellt: 09.12.2006/updated 11.12.06
Rückblick - frühere
Aktuell-Meldungen
Die Nokia Night Of The Proms 2007
stehtvor der Tür. Ich besuchte das letztjährige Konzert in der Münchner Olympiahalle. Es war einfachgigantisch gut und beeindruckend.
Aus dem Pressetext:
"Nachdem bereits 90.000 Tickets für dieses einmalige Musikspektakel verkauft sind, freuen wir uns, nun die an der diesjährigen Tournee teilnehmenden Künstler bekannt geben zu können: Bei den 18 Shows der Nokia Night Of The Proms 2007 in Deutschland werden Hartmut Engler, Ingo Reidl und Martin Ansel von PUR, Paul Carrack- die phänomenale Stimmer u.a. von Mike & The Mechanics, Soulsister, I Muvrini und Roby Lakatos teilnehmen. Begleitet werden die Stars vom 75-köpfigen Sinfonieorchester Il Novecento unter der Leitung von Robert Groslot, dem Chor Fine Fleur sowie der Electric Band von John “Music” Miles."