Live 29. September
2006, Kirche Lomnitz |
Ein
warmer Spätsommerabend in der renovierten Dorfkirche Lomnitz,
nahe Dresden. Hier vor Ort ist der Aufbau Ost nicht ein anonym
gesagtes Wort, sondern heißt Marion, der Name der Pfarrerin,
die sich engagiert, manchmal vielleicht starrköpfig für
ihr Gotteshaus eingesetzt hat. Die Mühe hat sich gelohnt.
Außen sowie innen empfängt den Konzertbesucher ein
wahres Kleinod, das man hier nicht vermutet.
Zwar ist nicht jeder Platz bis in die Emporen besetzt, aber es
sind sehr viele gekommen, um ihre neue Kirche zu feiern und natürlich
die Band, die jährlich einmal vor dem Altar ihre Rockballaden
zelebriert.
Ich gebs zu: Ich war höllisch skeptisch!
Hatte ich doch noch den kalten Winterabend 2002 in so einem Heizhaus
in Köthen/Anhalt in meiner Erinnerung und andererseits natürlich
die Konzerterlebnisse aus dem Keyboardzeitalter der 70/80er Jahre.
Würde Lift-Musik in kammermusikalischer Kleinstbesetzung
die gleiche Stimmung verbreiten können??
Um es vorweg zu
nehmen JA ! Nur anders eben.
Äußerlich kaum verändert in all
den Jahren hat Werther Lohse sein Publikum von Beginn an unmerklich
in eine musikalische Zeitreise gelockt. Natürlich will ich
die Klassiker hören und mich "Am Abend mancher Tage"
ein wenig von dieser Abendstunde, stillen Stunde verführen
lassen. Und genau das tut die Band, einfühlsam, unaufdringlich,
stilvoll. Reduziert auf das Kleinstmögliche entfalten die
alten Songs plötzlich eine Poesie und Ausstrahlung, wie ich
sie so nicht vermutet hätte. Werther vollzieht eine Gratwanderung,
denn die Stimme von LIFT ist das Bindende. Geige,
Mandoline und Gitarre bilden den Rahmen, in dem sich die Songs
entfalten können. Die Band verzaubert jeden einzelnen in
der Lomnitzer Kirche. Ich krieg Gänsehaut als ich Songs
höre, die ich mit der Stimme von Henry Pacholski verbinde.
Die wenigen neueren Lieder fügen sich in dieses Konzept ein.
So etwas wie Routine kann ich nicht erkennen Bodos Gitarre
hat mal einen Hänger und an anderer Stelle greift Ivonne
in die falsche Taste Musiker wie Publikum amüsieren
sich köstlich. Die Nähe und Intimität des Ortes
lassen Distanzen nicht zu. Gut so!
Ich hab jetzt meinen inneren LIFT-Frieden" gefunden.
Kann mit der Band und der Musik wieder etwas anfangen ohne das
Vinyl von damals aufgeben zu müssen. Und Werther hat so ein
altes Foto von damals bestaunt und sich erinnert. Was will ich
eigentlich mehr ...
(Weitere Fotos folgen demnächst)
Rechts::
Promocard für das Konzert
am Senftenberger See 28.12.2006
Live 29. Juni 2007, Kirche Lomnitz |
Im vergangenen September 2006 wurde die Dorfkirche in Lomnitz neu eingeweiht. Monate später im Juni dieses Jahres bin ich wieder hier, um die Gruppe LIFT noch einmal zu erleben. Vielleicht auch, um einen Eindruck von einem weihnachtlichen Auftritt im Brauhaus Radigk / Finsterwalde aus dem Vorjahr zu korrigieren.
Das Kircheninnere wirkt leer und die Musiker irgendwie verloren dort vor dem Altar, auch wenn sich vielleicht 70/80 Leute eingefunden haben. Ivonne, Werther, Bodo und Peter sind Profis genug, den Anwesenden einen warmen, freundlichen Eindruck zu vermitteln und die Leere des Gotteshauses mit Musik zu füllen. Dennoch will zunächst so etwas wie Stimmung nicht wirklich aufkommen, vielleicht auch deshalb, weil die meisten inzwischen den Ablauf des Konzertprogramms vorausahnen können, wenn sie nicht gerade erstmalig bei LIFT zu Besuch sind. Überraschungen und wirklich Neues finden nicht statt – auf Dauer kann das sicher weder Publikum noch Musiker zufrieden machen.
Wenn ich genießen will, wonach ich suche, muß ich die Augen schließen, besonders dann, wenn ich mir die Stimme von Henry Pacholski vorstelle und mir einen Keyboard-Teppich denke. In diesen Momenten bin ich live und eins mit mir und der Band und tauche ein zu den Klängen von „Komm her" oder „Wasser und Wein" - „Am Abend mancher Tage" von Werther allein vorgetragen, führt mich dann wieder in die Gegenwart. Es sind diese und andere Balladen aus der LIFT- Geschichte, die noch immer Besucher den Weg zu den Konzerten finden lässt. Getrieben von ihren Erinnerungen und den Sehnsüchten, die diese selten schöne Musik in die heutige Zeit transportiert hat. Jugendliche, die mit solcherart Befindlichkeiten wenig anfangen können, sind an diesem Abend die seltene Ausnahme.
Ein LIFT-Konzert heute ist weder ein bombastisches Ereignis noch birgt es sensationelle Neuheiten. Das kann man gutheißen oder nicht. Die Musik werden die nach uns Kommenden noch hören und genießen, auch dann, wenn Leute wie Du und ich sich nicht mehr bei LIFT in der Kirche oder anderen Orts treffen werden. Und irgendwie überkommt mich eine leise „ Ahnung" dies hätte schon begonnen ...
Kleine Bildergalerie vom Konzert
Gedanken zu Wolfgang Scheffle, ex-LIFT - von Hartmut Helms (31.08.2008) |
Fast schien es so, als hätte der Komponist und Keyboarder Wolfgang Scheffler in der Dresdner Gruppe LIFT seine musikalische Heimat und Erfüllung gefunden. Insgesamt 3 herausragende LPs’ tragen u.a. auch seine Handschrift als Komponist und Arrangeur.
Bekanntlich wurde der Traum einer erfolgreichen Bandkarriere in der Nacht vom 19. zum 20. November 1978 irgendwo neben einer Landstraße in Polen begraben, als bei einem tragischen Unfall die beiden Musiker Gerhard Zachar und Henry Pacholski ihr Leben verloren.
Der brutale Riss ging seither mitten durch die Gruppe, Einzelinteressen ließen sich kaum noch miteinander verschmelzen.
1984 kam es folgerichtig zum Bruch. Zuvor lieferte die Band noch die viel beachtete Single „Sage mir alles / Immerfort“ ab. Als 1987 die LP „Nach Hause“ erschien, war von der alten Besetzung nur noch Werther Lohse an Bord. Doch diese Platte war wohl eher ein halbherziges Zugeständnis an den Zeitgeist und damit ein Abgesang auf eine der innovativsten Rockgruppen des kleinen Landes.
Wolfgang Scheffler ist seither solistisch tätig, widmet sich dem Komponieren. Ich habe ihn noch einmal im Februar 1988 mit seinem Solo-Programm „Klavier pur“ in unserer Elsterwerdaer „STUBE“, die quasi mein „Kind“ und meine zweite Heimat war, erlebt. Mit der politischen, und damit auch kulturellen Wende 1989 verlor sich seine Spur irgendwo im Überangebot des über uns hereinbrechenden Mittelmaßes.
Wenn man aber wie ich über viele Jahre an eine bestimmte Qualität und Auffassung von Musik gewöhnt ist, verliert man sie natürlich auch nicht aus den Augen. Seit 1999 bin ich bei EBAY angemeldet und durchwühle dort die Angebote nach Perlen, die ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in mein Plattenregal einsortiert hatte. Bei der Suche nach solchen Schätzchen und nach Musik, die zu DDR-Zeiten das Licht der Hörerwelt nicht erblicken durfte oder konnte, fand ich eher zufällig die erste Solo-CD von WOLFGANG SCHEFFLER mit dem Titel „Blue Ballads“.
Nahezu jede Note der LP „Spiegelbild“ entstammt dem musikalischen Fundus von Wolfgang Scheffler, der auch alle Arrangements schrieb. So gesehen, dies ist meine ganz individuelle und gefühlte Einschätzung, ist diese LIFT-LP auch so etwas wie ein „Spiegelbild“ musikalischen Wollens und Könnens dieses Musikers. Unüberhörbar der Drang der Scheibe, aus dem bisherigen Rahmen auszubrechen, die Grenzen in Richtung Jazz zu erweitern.
Der Silberling von 1994 knüpft stilistisch dort an, wo die LP „Spiegelbild“ aufhören mußte. „Blue Ballads“ greift 13 Jahre später diesen Gedanken wieder auf und spinnt den Faden weiter. Die Handschrift des Komponisten Scheffler ist in jedem der neuen Stücke, sowie einer instrumentalen Neufassung von „Scherbenglas“, förmlich fühlbar. Selbst der vertraute Beatles-Klassiker „In My Life“ paßt sich nahtlos in dieses Konzept ein. Nimmt man sich die nötige Zeit und Ruhe, kann man eine dezent und dennoch kraftvoll produzierte Scheibe mit vielen interessanten Nuancen genießen.
Mir selbst drängen sich beim Hören Vergleiche zu Steely Dan oder Focus auf. Anspruchsvoller und filigraner Pop, vielschichtig miteinander verwobene Melodien und Rhythmen, ohne dabei die Übersicht zu verlieren oder Ideen ausufern zu lassen. Möglicherweise, so meine leisen Hoffnungen und Ahnungen, hätte dieses Klangbild auch das von LIFT sein können. Darüber zu spekulieren ist müßig, der Gedanke allerdings scheint reizvoll.
Wolfgang Scheffler, so meine Erinnerung an ein langes und sehr angenehmen Gespräch an einem Nachmittag an der Elbe gegenüber Schloß Pillnitz, sieht sich heute wohl eher als musikalischer Freigeist, dem die Ideen noch lange nicht ausgehen. Davon zeugen recht unterschiedliche Konzerte und Projekte wie die „Piano Nights“ oder die „(Un)wahre Art das Clavier zu spielen“. Näheres dazu sollte der interessierte Musikliebhaber der Homepage des Künstlers entnehmen:
http://www.wolfgang-scheffler.com/pages/index1_fs.html
Mein Eindruck ist der eines Mannes, der mit seiner LIFT-Vergangenheit im Reinen und darauf stolz ist, diese Band mitgeprägt zu haben. Scheffler sieht nach vorn und weiß, daß LIFT in der Multi-Keyboard-Variante nicht mehr in heutige Zeiten zu transformieren geht.
Äußerungen zum heutigen Erscheinungsbild der Band, zum musikalischen Gewicht in der Musiklandschaft sind ihm nur schwer zu entlocken. Ich spüre im Gespräch einerseits die Freude, daß die Musik die stürmischen Zeiten überdauert hat, aber auch Unruhe bei dem Gedanken daran, wie sie heute präsentiert wird. In solchen Momenten fühle ich mit ihm, kann aus eigenem Erleben nachvollziehen.
Ich selbst bin LIFT-Fan mit allen Fasern meines Herzens, aber vor allem einer der 70er Jahre, die mit der LP „Spiegelbild“ 1981 ihren Höhepunkt hatte. Stücke wie „Scherbenglas“ und „Sommernacht“ verbinde ich noch heute mit der unverwechselbaren Stimme eines Henry Pacholski. „Am Abend mancher Tage“ scheint mir eine der letzten großen Hymnen jener Zeit zu sein. Die Texte dieser Jahre sind von einer Qualität, die ich im heutigen Rock- und Popmüll schmerzlich vermisse, sieht man von seltenen und wohltuenden Ausnahmen, vor allem im Bereich „OstRock“, mal ab.
Die Bandgeschichte fühlt sich für mich abgeschlossen an, weil mir wirklich neues und vor allem innovatives Songmaterial fehlt und die Zeit für einen komplett neuen Silberling schon lange überfällig wäre.
Wenn Künstler beginnen, sich selbst und ihr Werk zu reproduzieren, bleibt das Schöpfertum irgendwo in der Zeit kleben. So gesehen hatte ich eine tolle Zeit.
Konzert Dezember 1981, Kulturhaus
Plessa ... © Hartmut Helms |
0ben links - Till Patzer und Wolfgang
Schefller an den Keyboards, oben rechts singt Werner Lohse,
unten links konzentriert sich Michael Ledig am Bass und rechts spielt Till Patzer voller Hingabe sein Saxophon (mal nicht die Querflöte).
... und 26.10.1977 im Gesellschaftshaus "Hopenz", Elsterwerda
(ein weiteres Foto ist eingangs zu sehen) © Hartmut
Helms:
Ganz oben
links an den Drums - Werther Lohse. Rechts:- Gerhard Zachar & Henry Pacholski. Hier kann
ich definitiv sagen, dass das Foto während des
Mittelsteils der "Tagesreise" entstanden ist. Die klatschenden
Hände weisen auch auf den stampfenden Rhythmus des Mittelteils
hin.
Darunter - typisch Henry Pacholski. 2. Bild von unten - Wolfang
Scheffler, Keyb. & Gerhard Zachar, Bass am rechten Bühnenrand
Unten - Till Patzer mit Flöte & Micha Heubach
an den Key's
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