Blick zurück - 1984
Aus einem LIFT-Werbefolder.
Dort stand 1984 zu lesen:
"LIFT-Rockmusik populär - traditionelle Hits, Topbesetzung,
moderner Sound - das ist die Kurzformel für das aktuelle Konzept
von LIFT. Nach einer jazzorientierten Phase entschlossen sich Sänger
Werther Lohse und Multiinstrumentalist Till Patzer zu einem neuen
vielversprechenden Schritt ihrer rockmusikalischen Entwicklung.
Seit Juni 1984 haben sie interessante und in der Rockszene hochgeschätzte
Partner: den Keyboarder Michael Heubach sowie den Geiger und Keyboarder
Hans Wintoch, genannt Hans die Geige. Michael Heubach, Komponist
des Liedes "Wasser und Wein" bzw. so bekannter Werke wie
"Che Guevara Suite" und "Tagesreise" spielte
bereits in der zweiten Hälfte der Siebziger Jahre bei LIFT.
Hans Wintochs furiose Spielweise ist unter anderem von "Reform"
und "Kleeblatt" bekannt. Das LIFT-Profil der Achtziger
Jahre knüpft an die überaus populäre Liedtradition
an - verbunden mit Titeln wie "Scherbenglas", "Nach
Süden" sowie "Am Abend mancher Tage" - und gewinnt
Dynamik wie auch Kraft aus der neuen Generation elektronischer Tasteninsturmente
und Rhythmusgeräte. Werther, schon früher als guter Schlagzeuger
bekannt (hörbar auf LIFT- u. Stern Meißen-Langspielplatten),
übernimmt jetzt bei LIFT eine Doppelrolle als Drummer und Leadsänger.
Trill Patzer prägt, wie schon seit Gründung der Band im
Jahr 1973, auch die aktuelle Besetzung durch virtuoses Spiel von
Saxophon und Flöte. Wesentlich ist, daß alle Musiker
moderne Tasteninstrumente bedienen."
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Konzert 26.10.1977 im Gesellschaftshaus "Hoppenz",
Elsterwerda
© Hartmut
Helms |
Zwar bin ich nicht Musiker geworden wie in meinen Jugendträumen,
aber ich hatte immer mit ihnen auf die eine oder andere Weise zu
tun. Eine solche Begegnung wird mir stets als eine besondere in
Erinnerung bleiben, denn genau ein Jahr später lebten Gerhard
Zachar und Henry Pacholski nicht mehr.
Doch zunächst erlebte ich an diesem Oktoberabend 1977 vor
allem hinter der Bühne einfach nur Kumpels, so als würden
wir uns schon ewig kennen. Gerhard Zachar und Henry Pacholski waren
eher ruhig, während Micha Heubach nur sein Instrument und ständige
Witzeleien im Sinn hatte. Wolfgang Scheffler war der Perfektionist
und Till Patzer ein Musikus mit Haut und Haaren. Wie stets nutzte
ich damals die Gelegenheit, mehr über die Musiker zu erfahren
oder einfach nur den Moment zu genießen. Diesen Abend , sowie
viele andere, habe ich stets intensiv erfahren und mit Freunden
erleben können.
Die Band spielte damals schon fast ausschließlich
eigenes Material neben Sachen von Rick Wakeman. Neu im Live-Programm
war ein 16-Minuten-Opus ohne Namen, das ein Jahr später der
LP "Meeresfahrt" den Titel gab. Die Band spielte sich
die Seele aus dem Leib. Heubach und Scheffler brillierten an den
Keyboards und hatten sichtlich Spaß, während ein sanft
bis entfesselt singender Pacholski der Bandseele ein Gesicht und
eine Gestalt geben konnte. Zachar wird mir als der besonnene Dirigent
und Ruhepol in Erinnerung bleiben, während Werther Lohse am
Konzertende den Gary Brooker gab und uns mit "A Whiter Shade
Of Pale" in die Nacht schickte.
(Anmerkung
Gerd: Wusste ich nicht, dass Werther auch diese Song drauf hatte.
Gerade dieser Song zählt zu meinen ultimativen Lieblingssongs
- von Gary Brookers "Procol Harum").
Das komplette Konzert hat damals mein "Russischer Freund"
(Tonbandgerät Jupiter) mitgeschnitten - 1989 bin ich umgezogen
und dieser Mitschnitt ist auf der Strecke geblieben.
Die Gruppe LIFT hatte gerade die Besetzung gefunden, aus der wie
aus einem unversiegbaren Quell wunderschöne Songs und tolle
Kompositionen entsprangen. Im Zenit ihres Schaffens lieferten sie
mit der LP "Meeresfahrt " ein Meisterstück ab, das
der Nachfolger nicht mehr toppen konnte, nicht zuletzt auch deshalb,
weil mit Gerhard Zachar die Integrationsfigur fehlte, die so unterschiedliche
Musikercharaktere bändigen konnte. Auch wenn die Band mit Werther
Lohse immer eine adäquate Stimme hatte und hat, den Verlust
des Sängers und Texters Pacholski konnte auch er nicht wettmachen.
Im Dezember 1981 hatte ich die Band noch einmal für ein Konzert
im Kulturhaus Plessa auf der Konzertbühne. Werther Lohse war
jetzt ausschließlich Sänger und an den Drums hatte Frank-Endrick
Moll seinen Platz eingenommen - einer mit eher jazzigem Background,
was man im Zusammenspiel mit Wolfgang Scheffler deutlich hören
konnte. Man lege die damals gerade veröffentlichte LP "Spiegelbild"
auf und wird diesen Eindruck bestätigt bekommen. Die Scheibe
ist ein Schritt in eine neue Richtung, ohne die alten Traditionen
verleugnen zu wollen.
Im Jahre 1987 folgte noch der Longplayer "Nach Hause"
- da war Werther Lohse der Einzige aus alten Zeiten und die Platte
ein Zugeständnis an den Zeitgeist, die von den Fans nicht wirklich
angenommen wurde. Vorher gab's noch die Single "Immerfort",
die 1984 als Quartett mit Hans "Die Geige" Wintoch eingespielt
wurde.
Die Musik hat die stürmischen Zeiten überdauert und die
Stimme von Werther Lohse erklingt immer noch - "und das ist
gut so" (in Abwandlung eines Politikerwortes).
Nach einem dieser Konzerte bin ich "Nach Hause" gefahren
und nachts dann, ganz allein, habe ich mir doch wieder die "Meeresfahrt"
aufgelegt .
Nachtrag:
Als ich 15/16 war, bin ich schon "um die Ecke" zu Hoppenz
gegangen (wo ich später Organisator der Konzerte wurde). Nicht
zum Tanz, sondern um Gruppen wie Theo Schumann, Uve Schikora, Fred
Herfter, Dreiländereck oder die Berolina Singers spielen zu
sehen. Dort sah ich auch die Studenten-Combo-Dresden. Sie nannte
sich irgendwann Dresden-Sextett und noch später LIFT.
Hartmut Helms.
Meine zweiten Musiksteine mit Live-Konzertberichten könnt ihr hier lesen und sehen: Mehr ...
Danke lieber Hartmut für diese sehr persönlich gefärbten
LIFT-Mosaiksteine! (Gerd). Und besonderen Dank für die bisher
unveröffentlichten ganz raren Konzertaufnahmen!
Eingestellt: 27.05.06/update: 06.06./23.06./08.10.2006'
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