Cameron Carpenter - Info |
---|
Phänomenal !!!
Er kam wieder ... Am 23. Dezember 2018 spielte er auf seinem Touring Organ ein sensationelles Konzert. Wieder in der Konzerthalle. Natürlich möchte ich meine Eindrücke vom Konzert schildern - garniert mit Fotos, die nicht während des Orgelspiels gemacht wurden: Eine fast gefüllte Konzerthalle. Das zweite Mal seit Mai 2013, als Carpenter hier gastierte und die Orgelfreunde in Entzücken versetzte. Dieses Mal in dunklem Outfit und mit glatt rasierten Haaren. Und er hatte sein eigenes, selbst konzipiertes Touring Organ mitgebracht, das in etlichen Containern angeliefert wurde. Mit einem „Cockpit“, ähnlich wie es in einem Passagierflugzeug sein könnte. Dahinter war eine große Anzahl von Lautsprechern und Verstärkern angeordnet und farbig illuminiert. Nach einem Interview mit Principal Organist Christian Schmitt stieg die Spannung auf ein besonderes Klangerlebnis weiter. Der erste Teil des Konzerts galt Johann Sebastian Bach, mit Präludium und Fuge D-Dur BWV 532 Hier durfte die große frisch restaurierte Jannorgel mit dem fahrbaren Orgeltisch ihre wunderbar sanfte Klangfarbe zeigen, aber auch tiefste Magengruben-Bässe. Carpenters Spieltechnik machte mit seinen krakengleichen Fingern, die über die Manuale huschten - er spielte manchmal gleichzeitig mit einer Hand auf zwei Tastaturen - alleine das Zusehen zu einem optischen Erlebnis. Nicht zu vergessen seine Pedaltechnik, die mich immer wieder an einen Stepptänzer erinnert ... Die Orgel rockte...
Übrigens gibt es zu keinem Konzert ein detailliertes Programm. Carpenter entscheidet je nach den Gegebenheiten vor Ort, was er spielen wird. In einem dunkelblauem Glitzer-Anzug betrat er kurz nach 17 Uhr die Bühne mit dem fahrbaren Orgelspieltisch. Es empfing ihn tosender Applaus der gut 1000 Orgelfans. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele Zuschauer bei einem anderen Orgelkonzert im Joseph-Keilberth-Saal, der Heimstatt der Bamberger Symphoniker, gesehen zu haben. Aber Cameron Carpenter eilt schließlich weltweit ein besonderer Ruf voraus. Ein Musikwissenschaftler meinte in der Pause sinngemäß zu mir, dass man seine Konzerte sowohl gnadenlos verreissen als auch in den Himmel loben könne. Gewiss haben es Kritiker leichter, wenn sie eine der Intension des jeweiligen Komponisten entsprechende Interpretation besprechen und sich nur mit feinen Abweichungen zu beschäftigen brauchen, die in der Natur des Organisten liegen. Bei Cameron Carpenter ist alles anders. Er setzt eigene Maßstäbe, polarisiert, auch und besonders, wie man beispielsweise Bach’sche Werke in die heutige Zeit transferiert. So geschah es vor der Pause. Da mögen Puristen den Kopf schütteln ob einer derartigen Respektlosigkeit. Ich denke aber, dass sich J. S. Bach nicht im Grab umdrehen, sondern aus heutiger Sicht durchaus wohlwollend zu Carpenters Interpretation nicken würde. In diesem Zusammenhang muss ich unbedingt Richard Wagner erwähnen, dessen 200. Geburtstag vor einigen Tagen gefeiert wurde. Wenn man seine Werke mit genau vorgegebenen Regie- und Bühnenbild-Anweisungen so wie im vergangenen Jahr in Bayreuth verunstaltet, als man Tannhäuser in einer Biogasanlage auftreten ließ, dann glaube ich, dass musikalisch freie Interpretationen nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht sind. Zumindest zulässig. Vor allem, wenn man es mit einem musikalischen Genie wie Carpenter zu tun hat. Müßig zu erwähnen, dass er keine Noten benötigt. Er begann mit dem „Präludium aus der Cellosuite Nr. 1, BWV 1007“ in atemberaubender Pedaltechnik. Wenn er völlig in sich gekehrt leise Passagen intonierte, glaubte man, an (s)einem Zwiegespräch mit der Orgel teilzunehmen. Nach den „Bachausflügen“, in dem er etliche Kostproben seiner unglaublichen „Stepptänze“ auf dem Pedal zum Besten gab, begann der zweite Teil mit Marcel Duprés „Variations sur un Noël“ in einer eigenständigen Version Carpenters. Gegen Ende der komplexen Komposition konnte er wieder seine unglaublich fingerfertige Grifftechnik einsetzen. Fast spinnengleich wuselten seine feingliedrigen Finger über die Tasten. Faszinierend zu beobachten, dass er in der Lage ist, mit vier Fingern ein Manual zu bedienen, während sein Daumen auf dem darunter liegenden Manual fast selbstständig der Melodienführung folgt. Manchmal war man in seine ästhetische und fast schon artistische Darbietung am Spieltisch so vertieft, dass man vergaß, den Orgelklängen zu lauschen. Sehr oft wechselte er die Registrierungen, arbeitete ausgiebig mit dem Schwellpedal. Die weihnachtlichen Variationen waren jedenfalls ein echter Kracher und Hingucker. Nach den Beifallsstürmen folgten die dreisätzigen „Science Fiction Scenes“, eine phänomenale Eigenkomposition, die er im Herbst 2012 an der Berliner Philharmonie uraufführte. Website der Bamberger Symphoniker... Ausführliches Interview auf "Crescendo" vom Januar 2012. Darin äußert er sich auch zu seiner von ihm konzipierten Digitalorgel, die schon länger mit ihm auf Tour "geht"...
|
Foto © Steward Noack (aus der Broschüre von Cameron Carpenter) CDs - Auswahl 2016: Für Inhalt bitte Cover anklicken! Bach / Carpenter: Cello-Suite "Elaboration" nach BWV 1007
Inhalt: 1. Bach: Toccata In F# Major, BWV 540 Inhalt CD (+ DVD extra) 1. Etüde Op. 10, Nr. 12 in C-Moll Wie schreibt ein amazon-Rezensent (Peter Bieringer) zu dieser CD/DVD u.a. treffend: " ... Kaum hat man sich von einem Kracher wie dem idiomatisch stimmigen Mephisto-Walzer erholt, umschmeichelt Carpenter mit Chopins C-dur Etüde dezent perlend unser Ohr. Seine manuale Technik ist stupend, seine Pedalkunst aberwitzig. Oberstimmen, die viele Pianisten mit Mühe in der rechten Hand zustande bringen, legt er aufs Pedal. Ein Wirbel von Fußspitze und Ferse wie Fred Astaire in seiner besten Zeit. ..." Diese offenbar sehr rare und frühe CD/DVD-Veröffentlichung aus dem Jahr 2006 mit seiner spektakulären Version von Mussorgsky's "Pictures at an exhibition" ist mir erst heute (06.08.2016) aufgefallen. Zu Preisen ab ca. 350 Euro !!! Bitte Cover anklicken. |
Es musste einfach sein: Eine weitere Version der Revolutionsetüde von Chopin, filmisch besser dargestellt... Foto: © Peter Ross
Wie er zur Musik und speziell zur Orgelmusik gekommen ist. kann man seiner Biografie entnehmen. Und wenn man schon mit 11 Jahren das Bach'sche Gesamtausgabe des "Wohltemperierten Klaviers" im Repertoire hat, ist das bemerkenswert und hat Wunderkind-Status. Er besuchte nie eine Grundschule. Warum, darüber kann nur spekuliert werden und ist nicht entscheidend. Musik war seine Welt und er komponierte bereits im Teenageralter die ersten klassischen Werke. Von seinen Eltern (der Vater hatte ein Geschäft und war von Beruf Ofenbauer) bekam er eine alte Hammondorgel geschenkt. Und darauf übte er - im Geschäft seines Vaters. Fünf Jahre studierte er an der Juilliard School in New York. Fit hält er sich in Musikpausen mit Joga, Pilates und Liegestützen. Seit etlichen Jahren konzertiert er weltweit - 2011 u.a. auch in Deutschland auf einer bisher viel umjubelten Tournee durch Konzertsäle, die eine ihm angemessene große und "schnelle" Orgel aufweisen. Eine Episode muss schnell erzählt werden, denn er hat mal eine nagelneue und sündteure Orgel in Philadelphia "in Grund und Boden gespielt". Die war offenbar seiner Schnelligkeit nicht gewachsen. Wir werden noch viel von seiner Komponier- und Improvisationskunst hören, denn weltbekannte Organisten reifen erst noch, wenn sie fast schon ein "biblisches Alter" erreicht haben, wie das Beispiel Jean Guillou mit seinen 81 Jahren beweist. Ein viel bejubeltes Konzert fand am 9. Januar 2011 in der Kölner Philharmonie statt. In einer hervorragend plastischen Rezension ist dort u.a. zu lesen: Soviel zu den Äußerlichkeiten. Seine Kompositionen und Improvisationen werden auch von kritischen Rezensenten gelobt. Wenn man da glänzende Augen sieht, will das schon etwas heissen. Cameron Carpenter, ein Juwel? Ein Edeldiamant. Eigentlich müsste meine "Juwelenseite" ihm zuliebe anders benannt werden ... Es kann schon manchmal funken und qualmen, bevor man das Funkeln in den Augen ungläubig staunender Orgelfreunde erleben kann ... ARTE TV vom 18.03,2011: " ... Er sieht aus wie eine Mischung aus Freddie Mercury und David Bowie zu deren wildesten Glam-Rock-Zeiten und spielt so virtuos und rasant, dass man mit dem Hören und Staunen kaum hinterherkommt. ..." So ist es. In meinen Augen funkelt noch etwas: Die Vorfreude auf das Konzert am 26. Mai 2013 in der Bamberger Konzerthalle an der großen Jann-Orgel!
Gerd Müller
|
Pressetext zur Tour 2011 Die Orgel revolutionieren - nichts Geringeres hat sich Cameron Carpenter zur Aufgabe gemacht. Ob Eigenkompositionen und -transkriptionen, Filmmusiken oder die großen Werke des traditionellen Orgelrepertoires: In seinen Konzerten erfindet Carpenter die Orgel neu, er öffnet dem Publikum einen bislang verschlossenen Zugang zu diesem Instrument und offenbart dabei ungeahntes technisches Vermögen. Wie Carpenters gesamte Erscheinung, so ist auch seine Spielfertigkeit einzigartig. Sein Umgang mit den Manualen und Pedalen grenzt ans Artistische, seine musikalischen Interpretationen fesseln und versetzen in Staunen. Völlig zu Recht ist der 1981 in Pennsylvania, USA, geborene Cameron Carpenter der gefeiertste und umstrittenste Organist unserer Zeit. Als erster Organist überhaupt wurde Cameron Carpenter für sein Album "Revolutionary" (2008 erschienen bei Telarc) für einen Grammy nominiert. Ebenfalss bei Telarc erschien 2010 seine neueste Enspielung "Cameron Live!" |