Aphrodite war bekanntlich die griechische Göttin der Liebe und Schönheit
(Wer sich für griechische Mythologie interessier: Mehr...).
Was lag also für drei Griechen näher, als sich "Aphrodite's
Child" - die 'Kinder der Aphrodite' zu nennen? Nicht nur ein
schöner Name für eine Popgruppe. Sie kreierten auch zauberthaft
schöne Balladen, bei denen ich heute noch glänzende Augen bekomme...
Wen man ihre romantischen Songs wie "Rain and tears" (dem berühmten
'Canon' des Komponisten Johann Pachelbel nachempfunden) , "Spring
Summer Winter and Fall", "I want to live", "It's five
o'clock" oder das dramatische "End of the world" auflegt,
schmilzt man einfach dahin. Wer waren "Aphrodite's Child"? Die
wenigstens wissen überhaupt diese Gruppe noch mit einer Melodie zu
verbinden, leider. Es taucht z.B. der Name Vangelis auf. Genau genommen
heisst er Evangelos Odyssey Papathanassiou. Richtig: ER ist es, der große
New Age-Multiinstrumentalist mit einem beeindruckenden Output an Filmmusik
("1492", "Chariots of fire", "Conquest Of Paradise"
u.a.) und anderen wunderschönen Instrumentalkreationen. 1980 "fusionierte"
er mit Jon Anderson, dem Sänger der Gruppe Yes, als "Jon &
Vangelis". Es erschienen einige erfolgreiche Stücke, z. B. "I
Hear You Now" (1980) und ihr größter Hit war "I'll
Find My Way Home" (1981).
Ein weiterer Name ist uns ebenfalls ein Begriff: Der schwergewichtige
Demis Roussos (bis zu 3,5 Zentner schwer) mit der hohen Stimme, dessen
deutschsprachige Schlager nach Auflösung der Gruppe allerdings meist
so süßlich gerieten, dass Sirup aus den Lautsprechern quoll
(z.B. "We shall dance", "Goodbye my Love goodbye",
"Schönes Mädchen aus Arkadia"). Gekauft wurden sie
dennoch reichlich...
Ein bisschen "Musik-Archäologie" kann an dieser Stelle
jedoch nicht schaden:
Demis Roussos wurde am 15.06.1946 in Ägypten als Sohn griechischer
Auswanderer geboren und lebte in Alexandria. Durch die Wirren der Suez-Krise
kehrte die Familie 1958
nach Griechenland zurück und er lernte das Klavier- und Gitarrespiel.
1963 gründete er seine erste Band "The Idols".
Vangelis Papathanassiou (* 29.03.1943) gründete gleichfalls 1963
mit Freunden in Griechenland seine erste Band Forminx, durchaus mit Erfolg,
denn sie traten auch in griechischen Stadien auf. Vangelis wollte sich
jedoch weiterentwickeln und zog, nicht nur aus politischen Gründen
(damals herrschte noch eine Militärjunta im Land), 1968 nach Paris
um. Dort gründete er mit Demis Roussos (* 1946, Bass, Vocals), Lucas
Sideras (*05.12.1944, Drums, Vocals) sowie Silver Koulouris (Guitars,
Percussion) Aphrodite's Child. Die Musikrichtung konnte man leicht als
romantischen Softrock einordnen. Vangelis spielte Tasteninstrumente, Flöte
und Percussion. Die meisten Kompositionen stammten von ihm. Bereits in
dieser Phase zeichnete sich sein außergewöhnliches Talent ab,
das sich bis über die Jahrtausendwende fortsetzen sollte. Ihre erste
Single 'Rain and Tears' (Mai 1968) kletterte in den meisten westlichen
Ländern weit in den Hitparaden hoch und wurde ein großer Erfolg.
Weitere Stücke folgten (wie oben schon aufgezählt). Ihre erste
LP "End of the World" erschien 1968, dann im Jahr darauf "It's
five o'clock'.
1972 vollzogen sie eine völlige Kehrtwende und veröffentlichten
die Doppel-LP "666", was den Split der Gruppe zur Folge hatte.
Vangelis arbeitete bereits seit 1970 an dem Album. Die Gruppe musste nämlich
nach dem Vertrag mit der Plattencompany Mercury einen dritten Longplayer
abliefern. Die Mercury-Leute merkten bald, was Vangelis vorhatte und bekamen
starke Zweifel, ob sich ein so progressives Konzept verkaufen ließ.
So forderte man erst eine neue Single und begann nach dem Erscheinen von
"Spring, Summer, Winter and Fall" mit den Aufnahmen zu "666".
Während Vangelis die Arbeit an diesem Projekt beendete, traten die
anderen Gruppenmitglieder live ohne ihn auf. Demis Roussos veröffentlichte
eine Solo-LP. Das zog sich so ein Jahr hin, bis die Band auch offziell
einen Schlussstrich zog. Interessant ist übrigens, dass das Album
eine späte "Würdigung" erfuhr, denn Michael Cretu
übernahm aus der Platte einige Stellen und integrierte sie in seine
viel gerühmte Enigma-CD "MCMXC A.D." (1990)...
Gerd
Müller
Amazon.de schreibt zur "666":
"1971 nahmen Aphrodite's Child, um sich vom Eindruck, eine schmalzige,
weinerliche Popband zu sein, zu distanzieren, ein ausgefallenes Konzept-Album
auf, welches mittlerweile zu einer Kult-Produktion geworden ist. Später
mit zahlreichen Filmmusiken berühmt geworden, demonstriert Vangelis
Papathanassiou hier einen frühen Beweis seines kompositorischen Talentes,
gepaart mit der bemerkenswerten Stimme von Demis Roussos, der später
mit Schlagern noch größere Karriere machte. Progressiver, teilweise
avantgardistischer Rock, sozusagen von zart bis hart, was die Mittel der
frühen 70'er angeht, bestimmt die musikalische Richtung dieses Werkes,
welches sich inhaltlich mit der Menschheitsgeschichte, kombiniert mit
zeitkritischen Bezügen befasst. Mit "The Four Horsemen"
landete die Band wenigstens einen Disco-Hit, wobei es zu anderen Liedern
zugegebenermaßen schwierig ist zu tanzen, was auch nicht der Sinn
dieses Konzeptalbums ist. Der liegt eher darin zu beweisen, daß
man mehr sei als eine Schnulzencombo -- was den Herren allerdings auch
gelungen ist.
Zusammenfassend entstand hier eine außergewöhnliche,
fast zeitlose Produktion rockiger Popmusik, die ihre Fans früher
wie heute hat. --Felix von Vietsch" (Original-Link: Mehr
...)
In einer weiteren Rezension schreibt Oliver Mensing zur "666":
"Im Jahr 1971 war es dann endlich soweit: Die musikalischen Grenzen
wurden gesprengt und ein Konzeptalbum der kontroversen Art erblickte das
Licht der Erde: 666. Thematisch dreht sich das gesamte Werk um Passagen
aus der Offenbarung des Johannes. Auszüge aus der Bibel, die von
der Geburt des Antichristen berichten. Die Songtexte hierfür lieferte
Costas Ferris und die gesamte Musik stammte aus der Feder von Vangelis.
Musikalisch passt das Werk in keine Schublade. Es ist vielseitig, abwechslungsreich
und immer wieder überraschend. Gängiges, melodiöses (The
Four Horsemen, Hic et Nunc) wechselt sich mit schrägem Material ()
ab. Insbesondere bei letztgenanntem Song schreit sich als Gast die Sängerin
und Schauspielerin Irene Papas (u.a. zu sehen in Alexis Sorbas) die Seele
aus dem Leib, als wäre der Beelzebub persönlich in sie gefahren.
Die besonderen Vangelis-Fähigkeiten kommen besonders gut in den häufigen
Instrumentalpassagen zur Geltung: Beispiele hierfür sind das geniale
'Aegian Sea' und der Longtrack 'All the Seats were occupied', bei dem
auf einem gekonnten Klangteppich immer wieder Auszüge aus den zurückliegenden
Stücken eingespielt werden.
Neben Vangelis' Einfallsreichtum brilliert die gesamte Band: Hier und
da rockige und teils frickelige Gitarrenparts ('The Battle of the Locusts')
und eine jederzeit stimmige Rhythmussektion. Überhaupt werden den
Drums und Percussion viel Bedeutung beigemessen und dominieren in einigen
Songs z.B. in 'The Battle of...' und 'Do it' (bei diesen beiden Tracks
geht im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab!). Es gibt so vieles auf
den zwei Scheiben zu entdecken, daß ich hier nur noch ein paar Auszüge
darstelle und jedem ans Herz lege, dieses Meisterwerk und Stück Musikgeschichte
zu erwerben und in die musikalische Welt der Kinder Aphrodites einzutauchen.
Hier noch einige weitere Schmankerl: Orientalisches gibt es bei 'The Lamb'
zu hören. Ein Song, bei dem sämtliche Musiker ihre Fähigkeiten
voll ausfahren. Lustiges gibt es bei 'The Beast'. Lustig im Sinne der
verstellten Stimmen. Mystisch/psychedelisch geht es bei 'Lament' zu. Hier
kann Demis Roussos seine weinerliche und hohe Stimme voll zur Geltung
bringen (göttlich!).
Unterbrochen bzw. übergeleitet werden die einzelnen Stücke durch
kleinere Erzählungen, Geräuschkulissen oder sonstige Soundeffekte.
Insgesamt ein Konzeptalbum der interessanten Sorte: seiner Zeit um Jahre
voraus. Nach '666' trennten sich die Wege der Musiker (zu groß waren
die musikalischen Unterschiede) und Vangelis wurde ein gefeierter Solo-Künstler
der kurzzeitig sogar als Ersatz für Rick Wakeman bei Yes vorgesehen
war. Die musikalischen Ziele lagen aber zu weit auseinander und so erhielt
Patrick Moraz den Job. Allerdings bildete sich hier die Freundschaft zwischen
Jon Anderson und Vangelis, die uns in der Zukunft mit vier hervorragenden
Alben beglücken.
Wären Aphrodite's Child zusammen geblieben, eine ähnliche Karriere
wie Genesis oder Pink Floyd hätte ihr Lohn sein können. Das
Potential war vorhanden. Nun ja, wenigstens haben sie uns einen Meilenstein
hinterlassen!"
Dem kann ich nur zustimmen ... einfach schade! |
Demis Roussos †
Er starb in der Nacht zum 25. Januar 2015 im Alter von Alter von 68 Jahren in Athen.
Link zu Wikipedia
Viele Coverabbildungen:
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englisch-sprachige Bio- u. Diskografie:
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Diskografie Demis Roussos
/Aphrodite's Child:
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Weitere, mit Best.Nrn.:
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